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Wa Baile (2024)

26.02.2024

Anträge Nr. 43868/18 und 25883/21

Prozessrechtliche und materiellrechtliche Verletzung von Art. 14 EMRK (Diskriminierungsverbot) in Verbindung mit Art. 8 EMRK (Recht auf Achtung des Privatlebens); Verletzung von Art. 13 EMRK (Recht auf wirksame Beschwerde)

Im Jahr 2015 wurde Wa Baile am Zürcher Hauptbahnhof von der Polizei zur Identitätskontrolle angehalten. Er verweigerte, sich auszuweisen, da er vermutete, dass es sich um Racial Profiling handelte. Zwischen 2015 und 2016 wurde Wa Baile in einem Strafverfahren wegen Nichtbefolgens polizeilicher Anordnung angeklagt und zu einer Busse von CHF 100 verurteilt.Im Jahr 2016 hat Wa Baile Beschwerde gegen das Urteil eingelegt und machte unter anderem eine Verletzung des Diskriminierungsverbotes geltend. Die Beschwerde wurde von den verschiedenen Instanzen, die sich damit beschäftigten, abgelehnt. 2020 gelangte Wa Baile an das Zürcher Verwaltungsgericht. Dieses urteilte, dass die Polizeikontrolle rechtswidrig war. Es erkannte aber nicht an, dass die Kontrolle aufgrund seiner Hautfarbe erging und somit diskriminierend war. Wa Baile zog das Urteil weiter ans Bundesgericht, welches nicht auf die Beschwerde eintrat. Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gab Wa Baile an, aufgrund seiner Hautfarbe diskriminiert worden zu sein. Zudem rügte er, dass diese Frage von den Schweizer Gerichten nicht behandelt worden sei.

Der EGMR ist der Ansicht, dass die Schwelle für eine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privatlebens erreicht worden ist und dass der Beschwerdeführer geltend machen kann, aufgrund seiner Hautfarbe diskriminiert worden zu sein. Der Gerichtshof stellt fest, dass die Beschwerde weder von den Verwaltungs- noch von den Strafgerichten effektiv geprüft worden ist, was eine verfahrensrechtliche Verletzung von Art. 14 EMRK in Verbindung mit Art. 8 EMRK darstellt. Das Gericht nimmt an, dass die Identitätskontrolle eine diskriminierende Behandlung des Beschwerdeführers war und somit eine materielle Verletzung von Art. 14 EMRK in Verbindung mit Art. 8 EMRK darstellt. Schliesslich ist es der Ansicht, dass der Beschwerdeführer vor den innerstaatlichen Instanzen keinen wirksamen Rechtsbehelf erhalten hat, durch den er seine Beschwerde hätte vorbringen können. Dies verletzte sein Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf gemäss Art. 13 EMRK.