Unser Podcast «Artikel Sieben» rückt die Menschenrechte in der Schweiz ins Zentrum. Einzelne Fälle machen gravierende Lücken im Menschenrechtsschutz sichtbar. In der achtzehnten Folge gehen wir der Frage nach, welche gesellschaftlichen Voraussetzungen es Mitte des letzten Jahrhunderts ermöglichten, dass beispielsweise das Recht auf Familienleben nicht allen gleichermassen gewährt und Kinderarbeit nicht hinterfragt wurde. Gesprächspartnerin ist die Historikerin Sonja Matter, die zu Kindswegnahmen und fürsorgerische Zwangsmassnahmen geforscht hat und heute das Historische Lexikon der Schweiz leitet.

In der Schweiz haben kantonale und kommunale Behörden über Jahrzehnte hinweg Kinder «fremdplatziert», haben «auffällige» Jugendliche und Erwachsene mit «fürsorgerischen Zwangsmassnahmen» in Anstalten, Fabriken und psychiatrische, Kliniken weggesperrt. Eine unrühmliche Tradition, die fortwirkt, sagt Sonja Matter. Denn es waren Tausende von Menschen von dieser Praxis betroffen und viele leben heute noch. Für sie und ihre Familien ist diese Geschichte nicht abgeschlossen – man spricht auch von transgenerationalen Erfahrungen.
Anhand eines für die 1950er-Jahre typischen Falles zeigen wir auf, wie in dieser Zeit Fremdplatzierungen zu Stande kamen. Der 37-jährige Hilfsarbeiter Walter Gerber* war wegen Nierentuberkulose nicht arbeitsfähig und hatte drei Kinder zu versorgen. Die Frage der Fremdplatzierung stand im Raum ab dem Zeitpunkt, als Walter Gerber aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr mit der Familie zusammenleben konnte und schliesslich starb. Die Familie galt damit als unvollständig und rückte ins Visier der Fürsorge.
In der achtzehnten Folge des Podcasts «Artikel Sieben» erklärt Sonja Matter, was das historische Unrecht mit den Menschenrechten zu tun hat.
«Artikel Sieben» wird herausgegeben von humanrights.ch und produziert von podcastlab.ch. Die einzelnen Folgen sind in allen Podcastkanälen zu hören oder können auf dieser Seite direkt abgespielt werden.
*Name geändert