06.08.2009
Seit dem 24. September 2009 können die UNO-Mitgliedsstaaten das Fakultativprotokoll zum UNO-Pakt für soziale, wirtschaftliche und kulturelle Rechte in New York unterzeichnen. Die Auflegung zur Unterzeichnung wurde am 23. September 2009 von der UNO mit einer besonderen Zeremonie gefeiert. Internationale Nichtregierungsorganisationen, die sich seit Jahren für dieses Protokoll einsetzen, fordern nun mit einer Petition, die auch Sie unterzeichnen können, alle UNO-Mitgliedsländer auf, das Protokoll möglichst rasch zu unterzeichnen und zu ratifizieren, um so Individualbeschwerden zum Pakt I zu ermöglichen.
Das Zusatzprotokoll ist am 5. Mai 2013 in Kraft getreten.
- Justice now!
Link zur Website der Petition
UNO-Generalversammlung sagt ja
Am 10. Dezember 2008 hatte die UNO-Generalversammlung das Fakultativprotokoll zum UNO-Pakt für soziale, wirtschaftliche und kulturelle Rechte angenommen. Mit dem Zusatzprotokoll wird die Möglichkeit geschaffen, dass Einzelpersonen künftig ihre Sozialrechte vor dem UNO-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte gegenüber dem eigenen Staat geltend machen können – vorausgesetzt, der betreffende Staat hat das Zusatzprotokoll ratifiziert. Humanrights.ch/MERS begrüsst die Annahme des Fakultativprotokolls. Mit diesem Schritt hat die UNO auf internationaler Ebene endlich einen Ausgleich geschaffen zwischen den Sozial- und den Freiheitsrechten, bei welchen bereits seit vielen Jahren eine individuelle Beschwerdemöglichkeit besteht.
Zur Bedeutung des Abkommens
«Die Annahme des Fakultativprotokolls zum Internationalen Pakt für soziale, wirtschaftliche und kulturelle Rechte ist ausserordentlich wichtig, weil dieses Dokument eine historische Lücke schliesst», sagte die UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte Navi Pillay nach der Annahme des Protokolls. Sie fügte hinzu, dass dieses Fakultativprotokoll den Opfern von Menschenrechtsverletzungen eine Stimme gebe. Nun seien diese Opfer besser gerüstet, um mit ihren Anliegen vor der internationalen Gemeinschaft Gehör zu finden. Die Hochkommissarin betonte zudem, dass die Menschenrechtserklärung keine Rangliste der Rechte kenne. «Im Gegenteil betrachtet sie die sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Rechte als gleichrangig wie die zivilen und politischen Rechte und unterstreicht, dass alle Rechte miteinander untrennbar verbunden sind», sagte Pillay weiter. «Verletzungen von einzelnen Rechten wirken sich auf andere aus und schwächen die Menschenrechte als Ganzes.»
Was tut die Schweiz?
Das Fakultatiprotokoll tritt in Kraft, sobald es von zehn Staaten ratifiziert worden ist. Entstanden ist das Protokoll im Rahmen einer Arbeitsgruppe des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen, in der auch die Schweiz mitarbeitete. Die Schweiz hatte in dieser Arbeitsgruppe vorerst eine Haltung eingenommen, die von den einheimischen Nichtregierungsorganisationen stark kritisiert worden war. Sie wollte einen Kompromissvorschlag durchbringen, wonach jeder Unterzeichnerstaat die Sozialrechte einzeln hätte auswählen können, für die er ein Beschwerderecht zulassen will. Schliesslich hatten dann aber auch die Delegierten des Bundes für den nun verabschiedeten Wortlaut des Fakultativprotokolls gestimmt, das nun keine solche à-la-carte-Lösung vorsieht. Die Uno-Vollversammlung verabschiedete das Protokoll im Dezember 2008 schliesslich einstimmig. Der Zeremonie mit der das Protokoll im September 2009 zur Unterzeichnung aufgelegt wurde, blieb die Schweiz allerdings fern, wie die NGO-Koalition, die sich seit Jahren für das Zustandekommen des Individualbeschwerdeverfahrens einsetzte, enttäuscht vermeldete. Humanrights.ch/MERS hofft, dass die Schweiz nicht weiter zögert, sondern die Bedeutung des Abkommens erkennt und dieses rasch möglichst ratifiziert.
Dokumentation
- Optional Protocol to the International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights
Text des Fakultativprotokolls zum Pakt I - New human rights instrument closes vital protection gap, says top UN official
Medienmitteilung auf der Website der UNO-Generalversammlung, 12. Dezember 2008 (englisch)
Reaktionen und Analysen
- Fortschritt für Menschenrechte - die Schweiz ist nicht dabei
Gemeinsame Medienmitteilung von Amnesty International Schweizer Sektion, Alliance Sud, FIAN Schweiz, Swissaid, Brot für alle, Fastenopfer, Heks, Caritas und Helvetas vom 23. September 2009 - Menschenrechtsinstitut begrüsst Annahme des Zusatzprotokolls zum UN-Sozialpakt
Medienmitteilung des Deutschen Instituts für Menschenrechte vom 11. Dezember 2008 - Le protocole facultatif se rapportant au pacte international relativ aux droits économiques, sociaux et culturels
Hintergrundinformationen zur Entstehung und Funktion des Fakultativprotokolls von Centre Europe - Tiers Monde (CETIM) (französisch, pdf 14 S.) - The optional protocol to the international covenant on economic, social and cultural rights
Dasselbe Dokument von CETIM wie oben auf englisch (pdf 14 S.)
Zur Vorgeschichte
- Individualbeschwerdeverfahren zum Pakt I auf gutem Weg
Artikel vom Mai 2008 auf Humanrights.ch