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Bundesgesetze zur Terrorbekämpfung

Terrorismus und organisierte Kriminalität – Chronologie

06.03.2023

Mit dem neuen Bundesgesetz «Terrorismus und organisierte Kriminalität. Übereinkommen des Europarates» soll das vom Europarat verabschiedete Übereinkommen zur Verhütung des Terrorismus und das dazugehörige Zusatzprotokoll umgesetzt werden. Die Gesetzesvorlage unterwandert rechtsstaatliche Grundsätze und verwässert den Schutz der Grund- und Menschenrechte.

Im Folgenden bietet humanrights.ch einen chronologischen Überblick über die wichtigsten Etappen der Erarbeitung des Bundesgesetzes «Terrorismus und organisierte Kriminalität. Übereinkommen des Europarates».

8. Februar 2023 – Der CDCT veröffentlicht seine Strategie gegen den Terrorismus 2023-2027

Das Komitee des Europarates zur Bekämpfung des Terrorismus veröffentlicht seine neue Anti-Terrorismus-Strategie für 2023-2027, die auf seiner 9. Plenarsitzung im Dezember 2022 verabschiedet wurde.

31. März 2021 – Bundesrat setzt Verschärfungen in Kraft

Die neuen strafrechtlichen Instrumente gegen den Terrorismus sowie das entsprechende Übereinkommen des Europarats mit dem dazugehörigen Zusatzprotokoll treten auf den 1. Juli 2021 in Kraft.

25. September 2020 – Antiterror-Gesetz wird angenommen!

Das Parlament beschliesst mit 128 zu 34 Stimmen bei 34 Enthaltungen und 37 zu 5 Stimmen bei 2 Enthaltungen die Annahme der Vorlage «Terrorismus und organisierte Kriminalität. Übereinkommen des Europarates». Damit wird das Strafrecht verschärft und unter anderem mit einer Bestimmung ergänzt, die das Anwerben, die Ausbildung und Reisen im Hinblick auf einen Terrorakt unter Strafe stellt.

23. September 2020 – Ständerat räumt letzte Differenzen aus

Bei der vorzeitigen Übermittlung von Informationen an ausländische Behörden stimmt der Ständerat dem Kompromiss des Nationalrats zu: sie soll nur in Fällen von organisierter Kriminalität oder Terrorismus erlaubt sein. Schliesslich fügt die kleine Kammer trotz anfänglichen Wiederstandes auch die explizite Ausnahme für humanitäre Organisationen ins Gesetz ein. Die Vorlage ist bereit für die Schlussabstimmung.

11. September 2020 – Die UNO setzt nach

Diverse Expert*innen der UNO kritisieren erneut das gesetzgeberische Vorhaben der Schweiz im Bereich der Terrorismusbekämpfung. Die ausufernde Definition von «Terrorismus» gefährde die Menschenrechte und schaffe weltweit einen gefährlichen Präzedenzfall.

8. September 2020 – Zurückhaltung des Ständerates

Der Ständerat widersetzt sich in zwei Belangen den Empfehlungen seiner vorberatenden Kommission: Er will humanitäre Organisationen besser vor Kriminalisierung schützen, solange sie im Einklang mit dem einschlägigen Völkerrecht agieren und die Übermittlung von Informationen und Beweismitteln an ausländische Behörden nur unter strengen Bedingungen zulassen.

16. Juni 2020 – Der Nationalrat heisst die Anti-Terror-Vorlage gut

Der Nationalrat nimmt die Vorlage «Terrorismus und organisierte Kriminalität. Übereinkommen des Europarates» mit 127 zu 54 Stimmen bei 13 Enthaltungen an. Zahlreiche Änderungsanträge linker Politiker*innen werden abgelehnt. Der Antrag der vorberatende Nationalratskommission, humanitäre Organisationen wie das IKRK von der Strafbarkeit für die Unterstützung von Terrororganisationen auszunehmen, setzt sich hingegen durch.

19. Mai 2020 – Nationalratskommission für verstärkte Vorlage

Die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrates (SiK-N) empfiehlt die Vorlage des Bundesrates «Terrorismus und organisierte Kriminalität. Übereinkommen des Europarates» zur Annahme.

9. März – Entscheidung im Ständerat

Der Ständerat winkt die Gesetzesvorlage durch. Er passt den Entwurf jedoch insofern an, als Informationen aus Telefonüberwachungen oder Bankdaten nur dann an ausländische Ermittlungsbehörden weitergegeben werden können, wenn eine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben besteht.

18. Februar 2020 – Die Kommission bleibt auf hartem Kurs

Die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerates beschliesst, trotz kritischem Bericht der Kommission für Rechtsfragen, an ihrer ursprünglichen Fassung der Gesetzesvorlage festzuhalten.

9. Dezember 2019 – Im Parlament: Rückweisung durch den Ständerat

Der Ständerat spricht sich in der Wintersession mit einer Mehrheit von 33 zu 12 Stimmen für eine eingereichte Rückweisungsmotion von Ständerat Beat Rieder, Mitglied des Schweizerischen Anwaltverbandes, aus. Die Motion verlangt eine erneute Diskussion in der Sicherheitspolitischen Kommission unter Einholung eines Mitberichtes durch die ständerätliche Kommission für Rechtsfragen.

11. November 2019 – Reaktion der Zivilgesellschaft

Die NGO-Plattform Menschenrechte Schweiz kritisiert in einer Medienmitteilung die Annahme der Gesetzesvorlage «Terrorismus und organisierte Kriminalität. Übereinkommen des Europarates» vehement. Sie fordert eine Streichung der problematischen Vorschläge im Strafrecht und die Wahrung der Grund- und Menschenrechte.

8. November 2019 – Detailberatung: keine kritischen Stimmen

Die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerates berät den Gesetzesentwurf gemeinsam mit der Vorlage des Bundesgesetzes über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus. Zu den Anhörungen werden keine kritischen Stimmen eingeladen. Die Kommission beantragt einstimmig, den Entwurf des Bundesrates anzunehmen.

30. Oktober 2019 – Die Zivilgesellschaft tritt an die Öffentlichkeit

Die NGO-Plattform Menschenrechte Schweiz veröffentlicht eine Stellungnahme und fordert die Gesetzgebenden in einer Medienmitteilung dazu auf, von den Verschärfungen im Strafrecht abzusehen. Die vorgenommene Definition einer terroristischen Organisation führe zu Willkür und einer massiven Rechtsunsicherheit.

10. Januar 2019 – Die vorberatende Kommission tritt auf die Gesetzesvorlage ein

Die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerates entscheidet sich, auf die Vorlage des Bundesrates einzutreten. Sie sistiert jedoch deren Detailberatung und beschliesst, den Gesetzesentwurf gemeinsam mit der Vorlage zum Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus zu behandeln.

14. September 2018 – Definitive Gesetzesvorlage verabschiedet

Der Bundesrat verabschiedet den Gesetzesentwurf «Terrorismus und organisierte Kriminalität. Übereinkommen des Europarates» und die dazugehörige Botschaft. Im Entwurf finden die kritischen Stellungnahmen diverser NGOs, Universitäten und des Schweizerischen Anwaltverbandes wenig Berücksichtigung.

April 2018 – Bericht zum Vernehmlassungsverfahren

Der Bundesrat veröffentlich seinen Bericht über die Ergebnisse der Vernehmlassung.

13. Oktober 2017 – Ende der Vernehmlassung

Die Vernehmlassung des bundesrätlichen Gesetzesentwurfes ist beendet. Insgesamt gingen 60 Stellungnahmen ein. Neben 25 Kantonen, 6 politischen Parteien und dem Bundesstrafgericht reichten 28 Organisationen und weitere Teilnehmende kritische Stellungnahmen ein, darunter auch humanrights.ch.

1. Juli 2017 – Gültiges Zusatzprotokoll

Das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen des Europarats zur Verhütung des Terrorismus tritt in Kraft.

21. Juni 2017 – Start der Vernehmlassung

Der Bundesrat schickt einen Vorentwurf zur Gesetzesvorlage «Genehmigung und Umsetzung des Übereinkommens des Europarates zur Verhütung des Terrorismus mit dem dazugehörigen Zusatzprotokoll und Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität» mit einem erläuternden Bericht in die Vernehmlassung.

22. Oktober 2015 – Ratifizierung Zusatzprotokoll

Als einer der ersten Staaten unterzeichnet die Schweiz das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen des Europarats zur Verhütung des Terrorismus.

14. Oktober 2015 – Genehmigung Zusatzprotokoll

Der Bundesrat genehmigt ein Zusatzprotokoll, welches das von der Schweiz unterzeichnete Übereinkommen des Europarats zur Verhütung des Terrorismus erweitern soll. Es stellt insbesondere Reisen für terroristische Zwecke und entsprechende Finanzierungs- und Unterstützungshandlungen unter Strafe. Amnesty International und die Internationale Juristenkommission äussern sich besorgt zum breiten Anwendungsbereich des Protokolls.

24. September 2015 – Ein Ja vom Ständerat

Der Ständerat folgt dem Antrag seiner vorberatenden Kommission und heisst die Motion Glanzmann-Hunkeler und damit die umgehende Ratifizierung des Übereinkommens des Europarates zur Verhütung des Terrorismus gut.

18. September 2015 – Strategie zur Terrorismusbekämpfung

Der Bundesrat verabschiedet die von der Kerngruppe Sicherheit des Bundes (KGSi) erarbeitete Strategie der Schweiz zur Terrorismusbekämpfung.

31. August 2015 – Bericht der vorberatenden Kommission des Ständerats

Die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerates veröffentlicht ihren Bericht zur Motion Glanzmann-Hunkeler. Sie beantragt ohne Gegenstimme deren Annahme durch den Ständerat und damit die umgehende Ratifizierung des Übereinkommens des Europarates zur Verhütung des Terrorismus.

20. März 2015 – Annahme Motion Nationalrat

Im Nationalrat wird die Motion Glanzmann-Hunkeler zur umgehenden Ratifizierung des Übereinkommens des Europarates zur Verhütung des Terrorismus angenommen.

11. Dezember 2014 – Einreichung Motion im Nationalrat

Nationalrätin Ida Glanzmann-Hunkeler reicht ihre Motion «Umgehende Ratifizierung des Übereinkommens des Europarates zur Verhütung des Terrorismus» ein. Der Bundesrat wird beauftragt, das Übereinkommen des Europarates zur Verhütung des Terrorismus umgehend zu ratifizieren.

11. September 2012 – Die Schweiz zeigt Interesse

Der Bundesrat unterzeichnet das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung des Terrorismus. In Hinblick auf einen Beitritt der Schweiz möchte er insbesondere die Einführung einer Strafbestimmung prüfen, die das Vorfeld einer geplanten terroristischen Straftat abdeckt.

1. Juni 2007 – Inkrafttreten der Konvention Nr. 196

Das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung des Terrorismus tritt in Kraft und ergänzt die bereits vor 2005 bestehenden Abkommen des Europarats zur Terrorismusbekämpfung. Der Europarat veröffentlich zur neuen Konvention einen erläuternden Bericht.

16. Mai 2005 – Übereinkommen zur Verhütung von Terrorismus

Im Mai 2005 wird die Convention on the Prevention of Terrorism vom Ministerkomitee des Europarates angenommen und zur Unterzeichnung freigegeben.

Oktober 2003 Februar 2005  – Erarbeitung eines Übereinkommens

Das Nachfolgekomitee der GMT, das Committee of Experts on Terrorisme (CODEXTER), erarbeitet im Auftrag des Europarates eine Konvention, welche das bestehende Instrumentarium im internationalen Kampf gegen den Terrorismus stärken soll. Der Prozess wird von zivilgesellschaftlichen Organisationen, so Amnesty International, von Beginn weg beobachtet und die vorgenommene Definition von Terrorismus und implizite Grundrechtseingriffe kritisch kommentiert

Juni 2003 – Ausarbeitung einer Konvention

Das Ministerkomitee veranlasst die Ausarbeitung einer Konvention zur Terrorismusbekämpfung.

November 2002 – Bericht an den Europarat

Die Group on International Action against Terrorism (GMT) stellt an der 111. Session des Europarates, im Rahmen eines Abschlussberichts, ihre Vorschläge für eine verbesserte Terrorbekämpfung in Europa vor.

8. November 2001 – Europäische Reaktion auf den 11. September

Im Hinblick auf die in den Vereinigten Staaten verübten Anschläge des 11. September 2001, beschliesst das Ministerkommitee des Europarats an seiner 109. Session die Stärkung effektiver Instrumente zur Terrorbekämpfung. Dafür wird die «Group on International Action against Terrorism» GMT (heute: Council of Europe Committee on Counter-Terrorism CDCT) gegründet.