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Das Konzept Klima

13.11.2023

Definitionen zu Klima und Klimawandel

Begriff Klima und Unterschied zu Wetter

Unter Klima versteht sich die Gesamtheit aller Wetterereignisse, die über einen längeren Zeitraum in einem grossen Gebiet stattfinden. In der Regel erstreckt sich dieser Zeitraum über 30 Jahre. Vereinfacht ist Klima das «durchschnittliche Wetter» über einen bestimmten Zeitraum. Es wird durch die sogenannten Klimaelemente beschrieben: Temperatur, Niederschlag, Luftfeuchtigkeit, Sonnenstunden pro Tag etc. Der Begriff Wetter beschreibt die kurzfristige Beobachtung dieser Klimaelemente an einem bestimmten Ort. Dabei beträgt die betrachtete Zeitspanne eine Stunde bis zu einem Tag. Der Unterschied zwischen den Begriffen Klima und Wetter liegt somit letztlich in der räumlichen und zeitlichen Dimension, in der die Klimaelemente analysiert wurden.

Unterschied anthropogener / natürlicher Treibhauseffekt

Ohne den Treibhauseffekt wäre auf der Erde kein Leben möglich. Dieser sorgt dafür, dass ein Teil der durch die Atmosphäre eindringenden Sonnenstrahlen absorbiert und in Wärme umgewandelt wird. Ohne diesen Effekt würde die Durchschnittstemperatur der Erde bei rund -18°C liegen. Seit der industriellen Revolution trägt die Menschheit massiv zum bereits existierenden, natürlichen Treibhauseffekt bei. Die seit dieser Zeit in grosser Menge freigesetzten Treibhausgase wie Kohlenstoffdioxid (CO2) oder Methan (CH4) sorgen dafür, dass die von der Erdoberfläche reflektierten Sonnenstrahlen stärker vom Ausdringen aus der Atmosphäre abgehalten werden und dadurch die Erde weiter erwärmen. Die UNO definiert den anthropogenen Klimawandel als «Änderungen des Klimas, die unmittelbar oder mittelbar auf menschliche Tätigkeiten zurückzuführen sind, welche die Zusammensetzung der Erdatmosphäre verändern, und die zu den über vergleichbaren Zeiträumen beobachteten natürlichen Klimaschwankungen hinzukommen».

Ursachen des Klimawandels

Wie bereits erwähnt, nimmt die Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre seit dem Beginn der Industrialisierung beständig zu. Dies kann auf menschliche Einflüsse zurückgeführt werden. Der Verbrauch von fossilen Energieträgern (mehr als 50% Anteil an den anthropogenen Treibhausgase), intensivierte Nutzung der Landwirtschaft (vor allem Viehzucht), Abholzung von Wäldern: All diese menschlichen Tätigkeiten führen dazu, dass massiv mehr CO2, CH4 oder auch Lachgase freigesetzt werden als durch natürliche Emissionsquellen, die den anthropogenen Treibhauseffekt begünstigen. Die Konzentration dieser Treibhausgase in der Erdatmosphäre ist momentan so hoch wie in den letzten 800'000 Jahren nicht mehr.

Weitaus am meisten zum menschgemachten Klimawandel trägt das Treibhausgas CO2 bei. Dessen Anteil am anthropogenen Treibhauseffekt beträgt ungefähr 75%. Auch wenn andere Treibhausgase wie z. B. CH4 oder fluorierte Gase einen viel höheren Treibhauseffekt haben, wird dem CO2 eine besonders hohe Bedeutung beigemessen, da das Gas besonders lange in der Atmosphäre verbleibt und somit insgesamt die stärkste Wirkung auf das Klima ausübt. CO2 wird deshalb bei Klimauntersuchungen oft auch als Bezugsgrösse gewählt (sogenannte CO2-Äquivalente). Weltweit wurden im Jahr 2020 durchschnittlich 4.5 Tonnen CO2/Kopf ausgestossen. Betrachtet man nur die produktionsbasierten CO2-Emissionen im selben Jahr, so liegt die Schweiz mit ungefähr 4 Tonnen CO2/Kopf weltweit auf Platz 90 und somit leicht unter dem globalen Durchschnitt. Da die Schweiz aber ein Land ist, das weltweit zu den grössten CO2-Importeuren gehört, ist der handelsbereinigte (auch konsumbasiert genannte) Anteil an CO2/Kopf viel höher: 2020 lag dieser Anteil bei über 12 Tonnen CO2/Kopf, womit sich die Schweiz auf Platz 15 und somit deutlich über dem weltweiten Durchschnitt befindet.

Die Einwirkungen des Menschen auf die Landoberfläche sind eine weitere Ursache des Klimawandels. Bodenversiegelung, Entwaldung aber auch Bewässerung verändern die Reflexion von Sonnenstrahlung an der Erdoberfläche. Dadurch werden beispielsweise die Vegetationsdichte oder das Wasserspeichervermögen des Bodens verändert. Die so beeinflusste Wolkenbildung oder der Energietransport haben zur Folge, dass treibhausgasbedingte lokale und globale Erwärmung regional und lokal abgeschwächt oder verstärkt wird.

Folgen des Klimawandels

Die Veränderungen des Klimas, die durch den anthropogenen Treibhauseffekt hervorgerufen werden, sind sehr vielfältig: Erhöhte Temperaturen weltweit, extremeres Wetter, beispielsweise in Form von Starkregen oder Dürren, kürzeren Wintern, heisseren und trockeneren Sommern, ansteigendem Meeresspiegel, tauendem Permafrost oder Biodiversitätsverlust. Die hier getätigte Aufzählung ist bei weitem nicht vollständig. Diese Folgen, respektive Veränderungen des natürlichen Lebensraums, haben wiederum Auswirkungen auf das menschliche Leben. Dürreperioden führen zu Missernten und dadurch zu Hungertoten, Hitzewellen zu einer erhöhten Anzahl an Hitzetoten. Der ansteigende Meeresspiegel bedroht die Lebensräume von Millionen von Menschen. Auch Wasserknappheit, die in einigen Regionen der Erde bereits heute auftritt, kann eine Folge des Klimawandels sein. Diese Auswirkungen wiederum führen zu lokalen und globalen Migrationsbewegungen und erhöhen die Wahrscheinlichkeit gewaltvoller Konflikte, weil auch Armut und wirtschaftliche Turbulenzen zunehmen. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass diese Entwicklungen zu einer Beeinträchtigung von Ökosystemen, einer Gefährdung der Nahrungsmittelversorgung und einer Bedrohung der Gesundheit und Sicherheit der Menschen führen.

Klima- und Umweltklagen

Wann sprechen wir von Klimawandel, wann von Umweltverschmutzung?

Die Begriffe Klimaschutz und Umweltschutz werden oft gleichgestellt. Es existieren jedoch bestimmte Unterschiede zwischen den beiden Begriffen. Umweltschutz bezeichnet die Gesamtheit aller Massnahmen zum Schutze der Umwelt. Klimaschutz hingegen ist spezifischer: Er bezieht sich auf die Gesamtheit der Massnahmen zur Vermeidung unerwünschter Klimaänderungen. Darunter fallen beispielsweise Massnahmen zur Reduzierung der menschgemachten Treibhausgasemissionen, um der globalen Erderwärmung entgegenzuwirken. Klimaschutz ist ein Teil des Umweltschutzes.
In welchem Zusammenhang stehen der Klimawandel und die Umweltverschmutzung im Allgemeinen? Unter Umweltverschmutzung wird die durch menschliche Tätigkeiten direkt oder indirekt bewirkte Schädigung der Umwelt verstanden, worunter sowohl die menschliche Gesundheit als auch die Umweltqualität leidet. Umweltverschmutzung nimmt viele Formen an: Luftverschmutzung, Bodenverunreinigung, Gewässerverschmutzung, Bodenerosion etc. Gerade die Luftverschmutzung durch übermässige CO2-Emissionen führen zum anthropogenen Treibhauseffekt, und dieser treibt wiederum den Klimawandel voran.

Wann Klima-, wann Umweltklagen?

Formell existiert keine klare Unterteilung in Klima- und Umweltklagen. Unterscheidungen können allerdings im Zusammenhang mit der Unmittelbarkeit der Auswirkung der Emissionen auf das geschützte Rechtsgut (Leben, Gesundheit etc.) gemacht werden. Bei klassischen Umweltklagen ist der Zusammenhang zwischen Emission und der Beeinträchtigung sehr direkt oder gar unmittelbar: In einer Kupfermine freigesetzte Schwermetalle gelangen in den Boden und erhöhen somit die Gefahr für die Mitarbeitenden oder Anwohnenden, aufgrund dieser Schadstoffe an Krebs zu erkranken. Die Kausalität zwischen den Versäumnissen des die Kupfermine betreibenden Konzern und den gesundheitlichen Folgen ist klar gegeben. Klimaklagen hingegen erfordern eine komplexere Herleitung solcher Zusammenhänge: Emissionen von Grosskonzernen oder Staaten verstärken den anthropogenen Treibhauseffekt, wodurch die Erdatmosphäre erwärmt wird. Diese Erwärmung wiederum führt zu Trockenheit, Anstieg des Meeresspiegels und Extremwetterereignissen, wodurch Beeinträchtigungen für den Menschen entstehen können. Der Zusammenhang zwischen den Emittent*innen und den Folgen (Erwärmung, gesundheitliche Risiken für den Menschen) sind hier um ein Vielfaches weniger direkt und deshalb auch nicht so klar wie bei «klassischen» Umweltklagen.

Klimagerechtigkeit

Was ist unter Klimagerechtigkeit zu verstehen?

Gegenwärtig sowie historisch gesehen, sind die Industrieländer des globalen Nordens für die meisten Treibhausgasemissionen verantwortlich, die den Klimawandel verursachen. Gleichzeitig leiden die Länder des globalen Südens trotz ihres geringen Beitrags am meisten unter den Folgen des Klimawandels. Seit einiger Zeit hat sich daher das Konzept der Klimagerechtigkeit etabliert. Im Grunde geht es bei diesem Konzept darum, dass die heute ungleiche Verteilung der Folgen der globalen Erwärmung ausgeglichen werden muss. Ein zentraler Punkt bildet hierbei die soziale Gerechtigkeit. Reiche Industrieländer müssen, neben ihrer Pflicht, klimaschädliche Emissionen auf null zu reduzieren, die Länder des Globalen Süden angemessen bei Anpassungs- sowie Schutzmassnahmen unterstützen. So sollen die Industriestaaten vor dem Hintergrund des Verursacherprinzips ihre Verantwortung für die globalen Folgen der von ihnen verursachten Emissionen wahrnehmen.

Klima und Rassismus

Im Rahmen dessen darf nicht vergessen werden, dass Rassismus und (Post-)Kolonialismus zwei wichtige Bestandteile der Diskussion rund um Klimaschutz und Klimagerechtigkeit sein sollten. Die aufgrund des Überlegenheitsgefühls weisser Menschen durchgeführte Umweltzerstörung durch die Ausbeutung von nicht-europäischen Ländern und der transatlantische Dreiecks- und Sklavenhandel haben den heutigen technologischen und materiellen Reichtum der Länder im Globalen Norden erst möglich gemacht. Die gegenwärtige Klimakrise zulasten von Menschen im Globalen Süden und BIPoC-Menschen weltweit ist das Ergebnis über 500-jähriger kolonialer Praxis. Heute fehlt es in vielen Diskussionen an Sensibilität für die strukturelle Komponente der Klimakrise. Menschen aus dem Globalen Süden werden zu wenig gehört, der eigene Profit von einem die Klimakrise verschärfenden System wird zu wenig hinterfragt und es wird bereits heute durch z. B. Rohstoffausbeutung sichtbar, dass aufgrund weiterhin bestehenden Machtstrukturen beispielsweise die Energiewende wiederum auf Kosten des Globalen Südens stattfinden wird.

Klimagerechtigkeit und Kompensationsmassnahmen im Ausland

Seit dem Kyoto-Protokoll 1997 ist es zur Erreichung des gesetzten Zieles zur CO2-Reduktion möglich, sich einen Anteil der CO2-Reduktion mit sogenannten CO2-Kompensationsmassnahmen im Ausland anrechnen zu lassen. Bereits in den Verhandlungen zum Nachfolgevertrag – dem Pariser Abkommen –  trieb die Schweiz die Möglichkeit des bilateralen Zertifikathandels massgeblich voran und ist nun auch das weltweit erste Land, das ein Kompensationsprogramm unter dem Pariser Abkommen durchführt. Das «Bangkok E-Bus-Programm» wurde von der Stiftung KliK  in Auftrag gegeben und wird von South Pole in Partnerschaft mit dem thailändischen Unternehmen Energy Absolute, das zu einem Viertel der UBS Singapur gehört, entwickelt. Alliance Sud und Fastenaktion haben bei einer umfassenden Analyse Mängel bei der Zusätzlichkeit  des Programms sowie bei der Qualität der bereitgestellten Informationen festgestellt. Sie kommen zum Schluss, dass der Kauf von Kompensationszertifikaten kein gleichwertiger Ersatz für inländische Emissionsreduktionen darstellt. Zum gleichen Schluss kommt eine Studie von Caritas zu einem Projekt in Peru, indem die Schweiz die Bevölkerung in den Anden mit energieeffizienteren Kochöfen ausstattete.

Grundsätzlich widerspricht der Ansatz des Zertifikathandels dem Prinzip der Klimagerechtigkeit, wonach die hauptverantwortlichen Länder ihre Emissionen so rasch wie möglich reduzieren müssen. Ausserdem besteht eine grosse Gefahr und erhebliche Beeinträchtigung für die Menschenrechte ländlicher Bevölkerungen und indigener Gemeinschaften im globalen Süden durch CO2-Kompensationsprojekte in Form von Aufforstungen oder Unterschutzstellung von Wäldern. Denn diese Projekte nehmen vielerorts landwirtschaftlich genutztes Land in Beschlag oder schliessen die nachhaltige, traditionelle Nutzung von Wäldern aus – oftmals ohne die Zustimmung der betroffenen Bevölkerung vorgängig und auf einwandfreie Weise einzuholen, wie die Untersuchung von HEKS zu einem Projekt in Sierra Leone zeigt.

Ungleiche Betroffenheit – auch in der Schweiz

Die heutige Betrachtung der Klimagerechtigkeit vieler NGOs in der Schweiz ist global geprägt. Die Bedeutung des Klimawandels für die Schweiz wird bisher noch selten diskutiert – obwohl die Schweiz bereits von einem global überdurchschnittlich hohen Temperaturanstieg betroffen ist. Ausserdem sind die verschiedenen Bevölkerungsgruppen innerhalb einer Gesellschaft unterschiedlich von den Folgen des Klimawandels betroffen – so auch in der Schweiz. Menschen, die aufgrund ihres Lebensalters, ihres Geschlechts, ihrer Gesundheit, ihrer Lebensumstände oder ihres sozioökonomischen Status Diskriminierungen und Rassismus ausgesetzt sind, leben häufiger in sozio-ökonomisch schwierigeren Lebens-, Arbeits- sowie Abhängigkeitssituationen. Sie verrichten häufiger Arbeiten wie beispielsweise auf dem Bau, in der Gastronomie in Tourismusregionen oder im Gesundheitssektor, wo sie den Folgen des Klimawandels im besonderen Masse ausgesetzt sind. Sie leben häufiger in weniger privilegierten Wohnlagen wie beispielsweise in stärker zubetonierten Quartieren mit höherer Umweltbelastung und stärkerer Erhitzung und haben deswegen ein höheres Risiko, unter diversen psychosozialen und physischen Krankheiten zu leiden. Auch in der Schweiz sind bestimmte Bevölkerungsgruppen entsprechender Diskriminierung betroffen. Ein Beispiel sind die mehrheitlich migrantischen Einwohner*innen von Birr, die sich aufgrund ihres fehlenden demokratischen Mitspracherechts nicht gegen das geplante Gaskraftwerk wehren konnten. Oder Personen, die sich aufgrund fehlender Aufenthaltsbewilligung, tiefem Bildungsniveau und/oder mangelnden zeitlichen und finanziellen Ressourcen nicht für eine Sanierung ihres Wohnhauses oder Begrünung ihres Wohnquartiers – sprich sich nicht für effektive Schutzvorkehrungen vor Hitzewellen – einsetzen können. Schliesslich befinden sich gewisse Menschen in staatlicher oder privater Obhut – z.B. Gefangene, Personen in Asylunterkünften, Psychiatrien, Alters- oder Schulheimen etc. – in denen sie darauf angewiesen sind, dass andere sich für ihren Schutz vor den Konsequenzen des Klimawandels einsetzen. Diese Menschen können nur hoffen, dass sie als Zielgruppe nicht unter den Radar von Entscheidungsträger*innen fallen.