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Asyl- und Ausländergesetz: Referenden abgelehnt

18.07.2006

Am 24. September 2006 haben die Schweizer Stimmbürger/innen die neuen Asyl- und Ausländergesetze deutlich angenommen. Die Europäische Presse und die EU-Kommission haben den Ausgang der Abstimmung kritisch kommentiert. Letztere bezweifelte etwa, dass das neue Asylrecht mit EU-Recht kompatibel sei (siehe hierzu den Kasten im Artikel der Tageszeitung «Der Bund»). Die Schweizerische Flüchtlingshilfe hat kommenden die Verschärfungen in einem Dokument zusammen gestellt.

Dokumentation

Aus der Sicht der Menschenrechte gab es vielfältige und triftige Argumente gegen die Gesetzesvorlagen. Diese wurden auch von den verschiedensten Akteuren im Nein-Lager im Vorfeld der Abstimmung geltend gemacht. So zeigt etwa eine Studie, verfasst von ausgewiesenen Fachpersonen und herausgegeben von Terre des hommes Schweiz, dass die Bestimmungen in den neuen Gesetzen unter anderem den Geist der UNO-Kinderrechtskonvention verletzen. 

Terre-des-hommes-Studie 

Bedenklich sei, dass trotz mahnender Stimmen im Parlament weder der Bundesrat noch die Mehrheit in den Räten die Rechte des Kindes wirklich ernst genommen hätten, schreibt Rechtsprofessor und Mitglied des UNO-Menschenrechtsausschusses Walter Kälin im Vorwort zur Terre-des-hommes-Studie, welche von Sylvie Marguerat (Juristin für Kinderrechte bei Terre des hommes), Minh Son Nguyen (Anwalt und Professor für Ausländerrecht an der Universität Lausanne) und Jean Zermatten (ehemaliger Jugendrichter und Mitglied des Komitees für Kinderrechte der Vereinten Nationen) verfasst wurde. «Nur so lässt sich erklären, dass Kinder die Konsequenzen des Aufenthaltes als Sans-Papiers gleich hart wie die Erwachsenen treffen, der Stand der Sozialhilfe trotz eines entsprechenden Verbotes der Konvention massiv abgebaut und Jugendliche, die keinerlei Delikte begangen haben, bis zu einem Jahr inhaftiert werden können. Das sind Eingriffe, die einem Land, das sich wie die Schweiz seiner humanitären Tradition rühmt, schlecht anstehen», urteilt Kälin weiter. Das Bundesamt für Migration stellte sich jedoch klar gegen diese Vorwürfe der Expert/innen und schrieb in einem Communiqué vom 1. September: «Entgegen den Befürchtungen der Kinder- und Familienorganisationen erhalten auch mit der Änderung des Asylgesetzes Kinder und Jugendliche in der Schweiz den völkerrechtlich gebotenen Schutz vor Verfolgung.»

Die Bedenken des Roten Kreuzes 

Den «Grundsatz der Menschlichkeit» sieht allerdings etwa auch das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) bedroht und engagiert sich vor der Abstimmung erstmals in seiner Geschichte mit einer Sensibilisierungskampagne. Das SRK befürchtet, dass durch die neuen Gesetze mehr Menschen in «individuelle Notsituationen» kommen könnten. Im Zentrum der Kritik der humanitären Organisation stehen drei Punkte: Ausschluss aus der Sozialhilfe, die Vorgabe, dass die Asylsuchenden innerhalb von 48 Stunden einen Pass vorlegen müssen, die unverhältnismässige Verlängerung der Ausschaffungshaft.

Starke menschenrechtliche Argumente des bürgerlichen Komitees

Gleichzeitig hat sich auch ein bürgerliches Komitee formiert, welches gegen die Gesetzesvorlagen kämpft und dabei vor allem die Menschenrechte ins Feld führt. Mit einem gemeinsamen Aufruf unter dem Titel «Unsere Schweiz»  haben rund 60 Persönlichkeiten aus Politik, Kultur, Sport, Wirtschaft und Wissenschaft an einem Banquet républicain Anfang September dafür plädiert, die schwächsten Mitglieder der Gesellschaft zu schützen. Die Organisatoren äusserten im Zusammenhang mit der Abstimmung über die Asyl- und Ausländergesetze ihr Unbehagen darüber, dass sich eine Gleichgültigkeit gegenüber Grund- und Menschenrechten ausbreite. In der Schweiz, wo kein Verfassungsgericht die Gesetze prüfe, seien die Stimmberechtigten die Hüter der Verfassung. Wer Menschenrechtsverletzungen zulasse, begehe «moralischen Selbstmord», schreiben die Organisatoren des Banquet républicain in einer Medienmitteilung.

Links zur Terre-des-hommes-Studie

Links zur Sensibilisierungskampagne der SRK

Links zum Aufruf der Bürgerlichen

Argumente gegen die Gesetze von Menschenrechtsorganisationen

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