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Drei Jahre Ehegemeinschaft in der Schweiz als minimale Voraussetzung für Aufenthaltsrecht

05.02.2010

Aus dem Ausland nachgezogene Ehepartner haben nach dem Scheitern der Ehe nach dem neuen Grundsatzurteil des Bundesgerichts nur dann ein Aufenthaltsrecht, wenn die eheliche Gemeinschaft in der Schweiz während mehr als drei Jahren bestanden hat. Die im Ausland verbrachte Ehezeit wird dabei laut Bundesgericht nicht angerechnet. Ist diese erste Anspruchsvoraussetzung erfüllt, ist immer noch zu prüfen, ob die betreffende Person sich in der Schweiz erfolgreich integriert hat (BGE 136 II 113).

Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltsbewilligung während der Ehe

Gemäss Art. 43 Abs. 1 AuG haben ausländische Ehegatten und ledige Kinder unter 18 Jahren von Personen mit Niederlassungsbewilligung Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, wenn sie mit diesen zusammenwohnen. Dieser Anspruch setzt das Bestehen eines gemeinsamen Wohnsitzes im Sinne eines faktischen Zusammenlebens des ausländischen Ehegatten mit einer niedergelassenen Ausländerin bzw. niedergelassenem Ausländers voraus. Wohnen die Ehegatten getrennt, so müssen dafür wichtige Gründe bestehen (Art. 49 AuG).

Das Erfordernis des gemeinsamen Zusammenlebens ist Teil des am 1. Januar 2008 eingeführten Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer. Das bis zum 31. Dezember 2007 in Kraft gewesene Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG) hatte dieses noch nicht enthalten – ausreichend war bereits der formelle Bestand der Ehe, um dem ausländischen Ehegatten eines Schweizer Bürgers einen Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung zu vermitteln.

Als massgeblichen Zeitpunkt für die retrospektive Berechnung der Dauer der ehelichen Gemeinschaft erachtet das Bundesgericht in der Regel die Aufgabe der Haushaltsgemeinschaft: Ab diesem Moment könne sich die ausländische Person grundsätzlich nicht mehr auf ihre bisherigen Ansprüche auf Erteilung der Aufenthaltsbewilligung gemäss Art. 42 Abs. 1 und Art. 43 Abs. 1 AuG stützen. Nicht relevant sei demgegenüber, bis zu welchem Zeitpunkt die Ehe nach Beendigung des ehelichen Zusammenlebens formell noch weiter bestanden habe (vgl. Urteil 2C_416/2009 vom 8. September 2009 E. 2.1.2).

Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltsbewilligung nach der Ehe

Nach Auflösung der Ehe oder der Familiengemeinschaft besteht gemäss Art. 50 Abs. 1 AuG der Anspruch des ausländischen Ehegatten und der Kinder auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung weiter, wenn a. die Ehegemeinschaft mindestens drei Jahre bestanden hat und eine erfolgreiche Integration besteht, oder b. wichtige persönliche Gründe einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen. Solche wichtige persönliche Gründe bestehen gemäss Abs. 2 namentlich, wenn die Ehegattin oder der Ehegatte Opfer ehelicher Gewalt wurde und die soziale Wiedereingliederung im Herkunftsland stark gefährdet erscheint.

Das Bundesgericht hat im Grundsatzentscheid BGE 136 II 113 vom 9. Dezember 2009 nun die Frage geklärt, ob die genannte Bestimmung verlange, dass die Ehegemeinschaft während drei Jahren in der Schweiz gelebt werden müsse. Das Bundesgericht hat diese Frage, auch unter Hinweisen auf eine historische und systematische Auslegung bejaht. Ausschlaggebend war für das Bundesgericht jedoch offenbar das ebenfalls im Art. 50 Abs 1 AuG enthaltene Erfordernis der erfolgreichen Integration. Beide Kriterien Fristablauf und Integration müssen gemäss Bundesgericht kumulativ erfüllt sein. Eine erfolgreiche Integration in der Schweiz setze jedoch zwangsläufig voraus, dass sich die ausländische Person hier während einer gewissen Mindestdauer auf¬gehalten habe; bei einer Anwesenheit von weniger als drei Jahren könne kaum schon von gefestigten beruflichen und persönlichen Bindungen zur Schweiz die Rede sein. Überdies liessen sich Angaben über im Ausland gelebte Ehegemeinschaften oftmals nur unzureichend oder sogar überhaupt nicht verifizieren. Wäre die gemeinsam im Ausland verbrachte Zeit im Rahmen der Dreijahresfrist von Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG mitzuberücksichtigen, müssten die kantonalen Bewilligungsbehörden diesbezüglich oft auf die blossen Behauptungen der Gesuchsteller vertrauen. Eine solche Lösung sei kaum praktikabel, zumal einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten auf diese Weise nicht entgegen gewirkt werden könnte.

Der dem Urteil zugrunde liegende Fall betrifft einen Kosovaren, welcher im Januar 2005 in seinem Heimatland seine Ehefrau, welche eine Niederlassungsbewilligung für die Schweiz besass, heiratete. Im April 2005 kam er in die Schweiz zu seiner Frau. Im Februar 2008 meldete er den Behörden die Trennung von seiner Gattin und ersuchte erfolglos um Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung. Das Bundesgericht hat seine Beschwerde nun abgewiesen, da die in der Schweiz verbrachte Ehezeit weniger als drei Jahre betragen habe.