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Rückübernahmeabkommen mit Kosovo problematisch für Roma

04.02.2010

Die Schweiz und Kosovo haben am 3. Februar 2010 ein Rückübernahme-Abkommen unterzeichnet. Humanrights.ch/MERS und andere Menschenrechtsorganisationen kritisieren dies, weil damit ab sofort die grosse Gefahr besteht, dass die Schweizer Behörden weniger Rücksicht auf die besonders verletzliche Situation der Roma-Gemeinschaften und andere Minderheiten nehmen.

Unabhängigkeit hat die Situation der Minderheiten nicht verbessert

Das Bundesamt für Migration muss auf Zwangsrückschaffungen von Roma, Ashkali und ÄgypterInnen verzichten, solange die Menschen nicht in Sicherheit und Würde in den Kosovo zurückkehren können, schreibt Humanrights.ch/MERS in einem mit Amnesty International, der Flüchtlingshilfe und der Gesellschaft für bedrohte Völker gemeinsam verfassten Mediencommuniqué. Die Situation der Roma-Gemeinschaften in Kosovo sei zehn Jahre nach dem Krieg noch immer gekennzeichnet durch Diskriminierung, Bedrohung und Schikanen. Mit der Unterzeichnung eines Rückübernahme-Abkommens mit dem Kosovo verkennten die Behörden die immer noch labile Sicherheitssituation und missachteten die prekäre Lage der Minderheiten in Kosovo.

Seit Juli 2009 ist eine Zunahme von Übergriffen gegen Roma und eine Verschlechterung ihrer Sicherheitslage festzustellen. Es fehlt an Unterkünften, Beschäftigung, und die Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt. Nach wie vor gibt es immer noch Roma, die in Lagern leben. In den bleivergifteten Lagern in Mitrovica sind inzwischen auch Personen untergebracht, die aus anderen Staaten ausgeschafft wurden. Ein Teil der Roma hat keine gültigen Ausweispapiere und ist damit faktisch staatenlos.

Rückführungen tragen zur Verschlechterung der Lage bei

Die Unabhängigkeit Kosovos hat die Situation der ethnischen Minderheiten nicht verbessert, im Gegenteil. Nach der Unabhängigkeitserklärung Kosovos ist die Verantwortung für Rückkehrer/innen auf die kosovarischen Behörden übergegangen. Diese, insbesondere die Gemeinden, sind schon aus Mangel an finanziellen Ressourcen in keiner Weise in der Lage, auch nur für die elementarsten Bedürfnisse zu sorgen. Sie sind auch nicht auf eine solche Aufgabe vorbereitet. Insbesondere fehlt es an Wohnungen, weil die früheren Unterkünfte noch immer zerstört oder besetzt sind. Die internationalen Organisationen der UNO oder EU haben keine direkte Zuständigkeit mehr für die Rückkehr. Bestehende Aktionspläne zur Integration der Roma-Gemeinschaften wurden nicht umgesetzt.

Die kosovarische Regierung geht davon aus, dass 35‘000 Roma, Ashkali und ÄgypterInnen in Deutschland, 10‘000 in Montenegro, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina registriert sind und dass 50‘000 als Vertriebene in Serbien leben. Sie rechnet damit, dass Rückführungen von Roma aus den genannten Staaten in erheblicher Zahl bevorstehen und dass dies zu einer weiteren Verschlechterung der Situation der Roma in Kosovo führen wird.

In der Schweiz befindet sich nach Deutschland die grösste kosovoarische Exil-Gemeinde. Rund 170'000 leben hier. Die Mehrzahl verfügt jedoch über eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis. Seit knapp einem Jahr erachtet die Schweiz den Kosovo als sicheres Land. Flüchtlinge die nicht mehr als verfolgt gelten, sollen deshalb in ihre Heimat zurückkehren können.

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