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Brennpunkte im religiösen Recht aus menschenrechtlicher Perspektive

Religionsgemeinschaften sind keine homogenen Gebilde – «das» Christentum oder «den» Islam gibt es nicht. Es gibt unterschiedliche tendenziell konservative bzw. progressive religiöse Strömungen und vielfältige theologische Debatten zu menschenrechtlich relevanten Themen innerhalb von Religionsgemeinschaften. In vielen menschenrechtlichen Betrachtungen dieser Debatten stehen religiöse oder religionsrechtliche Texte und deren Auslegung im Mittelpunkt. Sie können aber nicht von verschiedenen zeitgenössischen Auslegungen und daraus abgeleiteten Praktiken isoliert betrachtet werden. Religiöse Texte und deren Auslegungen beeinflussen nicht automatisch auch den Alltag, individuelle Ansichten oder Praktiken religiöser Personen. Sie handeln ihre Positionen individuell mit sich selber aus und sind dabei nicht nur von religiösen Denkmustern beeinflusst.

Bei einer kritischen Beurteilung religiöser Regelungen und Argumentationen aus menschenrechtlicher Perspektive muss deshalb stets berücksichtigt werden, dass Religionsgemeinschaften nicht in einem abgeschlossenen Raum existieren. Sie sind wandelbar und beeinflusst von umgebenden Strukturen. Praktiken und deren Rechtfertigung können nicht isoliert in einer religiösen Dimension verortet werden, sondern beinhalten immer auch kulturelle, traditionelle und historische Einflüsse. Einzelpersonen, Gruppen oder politische Autoritäten können Religion und vermeintlich religiöse Argumentationen auch zur Erreichung ihrer Ziele instrumentalisieren.

In politischen, wie auch in gesellschaftlichen Debatten werden politische, machtstrukturelle, historische, kulturelle und traditionelle Einflüsse häufig vernachlässigt und unter Verwendung des Überbegriffs «Religion» vermischt. Mit der Anwendung unklarer Begrifflichkeiten verschwimmen Grenzen, und Stereotypen sowie Vorurteile werden unhinterfragt reproduziert. So werden beispielsweise einzelne Religionsgemeinschaften von Aussenstehenden aufgrund fehlender Grenzziehungen von Phänomenen vermehrt mit Fundamentalismus, Extremismus und Terrorismus in Verbindung gebracht. Ganze Religionsgemeinschaften und ihre Angehörigen werden so als gewalttätig abgestempelt und damit auf Vorurteilen basierender Diskriminierung ausgesetzt. Eine kritische Unterscheidung und besondere Sorgfalt ist aus diesem Grund unbedingt notwendig, um nicht unreflektiert Phänomene zu vermischen und gesellschaftlichen Stereotypen und Vorurteilen Raum zu geben.

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