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Z.S. und A.S. gegen die Schweiz

02.03.2023

Mitteilung Nr. 74/2019, Entscheid vom 10. Februar 2022

Laut dem UNO-Kinderrechtsausschuss hat die Schweiz mit der Ausweisung von zwei Kindern gegen zentrale Artikel der UN-Kinderrechtskonvention verstossen. Konkret geht es um den Fall eines hörbehinderten Mädchens und dessen Bruder, die gemäss Entscheid des Staatssekretariats für Migration (SEM) nach Russland ausgewiesen wurden. Die Schweiz verstosse hier gegen Artikel 3 (vorgängige Berücksichtigung des Kindswohls), Artikel 12 (Recht auf Anhörung) und Artikel 24 (Recht auf Gesundheitsvorsorge).

Die Familie S. floh im April 2012 in die Schweiz und reichte ihren Asylantrag ein mit der Begründung, von den tschetschenischen Behörden bedroht zu werden. Der Asylantrag der Familie wurde abgelehnt, worauf sie im Dezember 2013 freiwillig nach Russland zurückkehrten. Als die Familie im August 2015 erneut in die Schweiz einreiste und mündlich einen Asylantrag stellte, wurde dieser erneut abgelehnt. Als Begründung wurde unter anderem die zweifelhafte Glaubwürdigkeit der Behauptungen der Familie S. angegeben. Eine Beschwerde gegen das Urteil wurde vom Bundesverwaltungsgericht abgewiesen. Im März 2018 wurde die Familie in die Russische Föderation zurückgeschickt.

Im August 2012 wurde M. S. mit einer schweren Hörbehinderung in der Schweiz geboren und in deutscher Gebärdensprache unterrichtet. Dies reichte jedoch nicht aus, um die Entwicklung der sprachlichen Fähigkeit von M. S. zu fördern. Ein Antrag für angemessene medizinische Unterstützung und Sonderpädagogik wurde abgelehnt, ebenso eine Wiedererwägung des Asylgesuches aufgrund einer vorgesehenen Magnetresonanztherapie für M. S. Auch der 2016 eingereichte Asylantrag des zweiten Kindes der Familie, K. S., wurde ohne Anhörung der Person zurückgewiesen.

Der UNO-Kinderrechtsausschuss wirft der Schweiz vor, dass die nötigen Massnahmen und Abklärungen zur Sicherstellung, dass M. S. auch in Russland Zugang zu den dringlichen medizinischen Behandlungen hat, nicht getroffen wurden. Dies sei gleichbedeutend mit einem Verstoss gegen Artikel 3 und Artikel 24 der UN-Kinderrechtskonvention. Ausserdem wurde gerügt, dass K. S. im Asylprozess nicht angehört worden ist und somit ein Verstoss von Artikel 12 vorliegt. Der Ausschuss weist darauf hin, dass Kinder auch in Einwanderungs- und Asylverfahren zu allen betreffenden Belangen angehört werden müssen.