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Selbstbestimmungsinitiative

Chronologie

27.11.2018

Die Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)» zielt darauf ab, den Vorrang des Verfassungsrechts gegenüber dem Völkerrecht zu verankern und die Behörden zu verpflichten, der Verfassung widersprechende völkerrechtliche Verträge anzupassen und nötigenfalls zu kündigen. Weiter sollen völkerrechtliche Verträge, die nicht dem Referendum unterstanden, für das Bundesgericht und die anderen rechtsanwendenden Behörden nicht mehr massgebend sein.

Im Folgenden finden sich die wichtigsten Ereignisse zur Geschichte der «Fremde-Richter»-Initiative bzw. Selbstbestimmungsinitiative (SBI) in umgekehrt chronologischer Abfolge, von der aktuellsten Meldung zurück bis zu einer 1. August-Rede von Christoph Blocher im Jahre 2007.

Abstimmungsresultate

25. November 2018 - Sieg für die Gegner der Selbstbestimmungsinitiative

Dank einer breitangelegten und mächtigen Kampagne der Zivilgesellschaft haben 66% der Stimmenden der Anti-Menschenrechtsinitiative der SVP eine deutliche Abfuhr erteilt. humanrights.ch und alle anderen Organisationen, die sich für ein Nein engagiert hatten, sind erleichtert. Die Initiative hat jedoch gezeigt, dass die Menschenrechte auch heute noch in Frage gestellt werden können - auch in der Schweiz. Umso dringender brauchen wir endlich eine unabhängige nationale Institution, welche die Menschenrechte verteidigt und ihre Verwirklichung sicherstellt.

Nach der Einreichung der SBI

22. Oktober 2018 - Gegenkampagne der Zivilgesellschaft

Im Hinblick auf die Abstimmung am 25. November 2018 sind verschiedene Kampagnen in vollem Gange. Mitte Oktober verbreitete die SVP einen Flyer mit umfangreichem Argumentarium, wobei die Partei nicht als Herausgeberin aufgeführt wurde. Die Selbstbestimmungsinitiative wird darin als ein von Konsens getragenes Projekt im Interesse der Demokratie gelobt. Weitere Verwirrung stiftet die Rechtspartei dadurch, dass sie alt-Bundesrätin Micheline Calmy-Rey in einer Art und Weise zitiert, die deren Zustimmung zur Initiative impliziert – dies, obwohl Frau Calmy-Rey die Initiative klar und deutlich ablehnt. Für die Zivilgesellschaft illustriert dieses Vorgehen die Verschleierungstaktik der SVP: Die Anti-Menschenrechtsinitiative wird als Vorzeigeprojekt der direkten Demokratie inszeniert, während dessen diese in Wahrheit einem trojanischen Pferd gleichkommt.

Sodann startete sie auch ihre Gegenkampagne zu dieser Initiative. Diese macht geltend, dass die Selbstbestimmungsinitiative entgegen den Behauptungen der Initianten/-innen die Rechte der Bevölkerung beschneidet. Dies beispielsweise dadurch, dass das Bundesgericht in seiner Rechtsprechung insbesondere nicht mehr auf die EMRK zurückgreifen könnte, was für den Menschenrechtsschutz in der Schweiz - trotz der Garantien in der Bundesverfassung - von grosser Bedeutung ist. Die Gegenkampagne zeigt auf, wie die direkte Demokratie der Schweiz nur funktionieren kann, wenn auch die Grund- und Menschenrechte von Minderheiten auf effektive Weise geschützt werden.

24. September 2018 - Bundesrat empfiehlt ein Nein

Der Bundesrat empfiehlt ein Nein zur Selbstbestimmungsinitiative. Die Schweiz sei "auf Stabilität und Verlässlichkeit angewiesen". Zudem setze die Initiative internationale Verträge aufs Spiel, bringe grosse Rechtsunsicherheit und gefährde den Wirtschaftsstandort Schweiz. "Auch der Schutz der Menschenrechte wird geschwächt. Mehr Selbstbestimmung bringt die Initiative nicht", hält der Bundesrat pointiert fest.

15. August 2018 - Vorlage des Bundesrats für obligatorisches Referendum

Der Bundesrat möchte, dass völkerrechtliche Verträge, die aufgrund ihrer Bedeutung auf der gleichen Stufe wie die Bundesverfassung stehen, dem obligatorischen Referendum unterstehen. Er schickt eine entsprechende Änderung der Bundesverfassung in die Vernehmlassung.

4. Juli 2018 - Datum der Abstimmung

Der Bundesrat hat das Datum der Abstimmung über die SBI auf den 25. November 2018 festgelegt.

11. Juni 2018 - Parlament empfiehlt SBI zur Ablehnung

Auch der Nationalrat spricht sich mit 127 gegen 67 Stimmen klar gegen die SBI aus. Damit empfiehlt das Parlement dem Stimmvolk die SBI zur Ablehnung.

29. Mai 2018 – «Allianz der Zivilgesellschaft» eröffnet Nein-Kampagne

Eine von Schutzfaktor M organisierte «Allianz der Zivilgesellschaft» startet mit einer Medienkonferenz und einem Spendenaufruf die Abstimmungskampagne zur SBI.

17. Mai 2018 – Amnesty International  lanciert Kampagne gegen die Initiative

Unter dem Slogan "Menschenrechte machen uns stark" steigt Amnesty International in den Abstimmungskampf ein.

13. März 2018 – Stellungnahme des Ständerats

Der Ständerat lehnt die SBI nach längerer Diskussion mit grossem Mehr ab. Auch der Antrag auf einen Gegenvorschlag hat keine Chance.

  • Der Ständerat sagt Nein zur sogenannten Selbstbestimmungsinitiative der SVP
    Medienmitteilung von Schutzfaktor M, 13. März 2018 (online nicht mehr verfügbar)
  • «Gefährliche Initiative»
    NZZ, 13. März 2018

5. Juli 2017 – Botschaft des Bundesrats

In seiner Botschaft begründet der Bundesrat die Ablehnung der SBI und empfiehlt der Bundesversammlung, die Initiative Volk und Ständen ohne Gegenentwurf zur Ablehnung zu empfehlen.

10. April 2017 – Widerstand von Rechtsprofessoren/-innen und Economiesuisse

In verschiedenen Gutachten kommen sowohl die Rechtswissenschaftler/-innen der Universität Zürich als auch die Economiesuisse zum Schluss: Die Annahme der SBI würde zu einer grossen Rechtsunsicherheit mit unabsehbaren Folgen für die Stellung der Schweiz im internationalen Kontext führen und den Wohlstand der Schweiz aufs Spiel setzen.

9. November 2016 – Bundesrat beschliesst Ablehnung der SBI

Der Bundesrat betont die negativen Folgen für Menschenrechte, Wirtschaft und Rechtssicherheit in der Schweiz und beschliesst, die Selbstbestimmungsinitiative dem Parlament ohne Gegenentwurf zur Ablehnung zu empfehlen.

12. August 2016 – Einreichung der Selbstbestimmungsinitiative

Die Selbstbestimmungsinitiative wird mit 116 428 gültigen Unterschriften eingereicht und die Bundeskanzlei bestätigt das Zustandekommen der Initiative. Zur Einreichung lanciert die NGO-Kampagne «Schutzfaktor M» die Aktion «Rote Karte für die Anti-Menschenrechtsinitiative».

Nach der Lancierung der SBI

28. Februar 2016 – Ablehnung der SVP-Durchsetzungsinitiative an der Urne

Einen deutlichen Dämpfer erlitten die Ambitionen der SVP mit der Abstimmungsniederlage zur Durchsetzungsinitiative, welche nicht zuletzt als Test für die zu erwartende Volksabstimmung über die SBI gewertet wurde.

10. Dezember 2015 – Kirchen für die EMRK

Der Schweizerische Evangelische Kirchenbund, die Bischofskonferenz und die Christkatholische Kirche haben sich am Menschenrechtstag 2015 mit klaren Worten dafür stark gemacht, dass die Schweiz die in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verbrieften Rechte einhält.

10. März 2015 – Start der Unterschriftensammlung für die SBI

Nach der Vorprüfung durch die Bundeskanzlei startet die SVP die Unterschriftensammlung für die SBI unter dem offiziellen Titel «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)». Gleichzeitig regt sich deutlicher Widerstand seitens der Zivilgesellschaft und der Politik.

10. Dezember 2014 – Statement der Parteien für die EMRK

Angesichts des frontalen Angriffs der Schweizerischen Volkspartei SVP auf die Europäische Menschenrechtskonvention EMRK stellen sich Parteien, Hilfswerke und NGOs «ohne Wenn und Aber» hinter die Geltung der EMRK und generell der internationalen Menschenrechte in der Schweiz.

27. November 2014 – Lancierung der Kampagne «Schutzfaktor M»

Zum 40-jährigen Jubiläum der Ratifizierung der EMRK durch die Schweiz wird die Kampagne «Schutzfaktor M – Menschenrechte schützen uns» ins Leben gerufen. Sie will über die Bedeutung der EMRK für die Schweiz informieren und mit einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis eine Schwächung der EMRK-Garantien durch die absehbare Initiative der SVP verhindern.

25. Oktober 2014 – Entschluss der SVP zur Lancierung der Initiative

Die SVP-Delegierten beschliessen einstimmig, die erst später als Selbstbestimmungsinitiative bezeichnete Volksinitiative zunächst unter dem sperrigen Titel «Zur Umsetzung von Volksentscheiden – Schweizer Recht geht fremdem Recht vor» zu lancieren. In einer Medienmitteilung kritisiert humanrights.ch den Entschluss der SVP-Delegierten.

Vorgeplänkel zur SBI

12. August 2014 – Die SVP stellt ihr Projekt einer Volksinitiative vor

Die SVP stellt an einer Medienkonferenz unter dem Titel «Schweizer Recht geht fremdem Recht vor» ihr konkretisiertes Projekt einer Volksinitiative der Öffentlichkeit vor. Der Text entspricht bereits dem aktuellen Initiativtext, mit Ausnahme einer später für ungültig erklärten Definition dessen, was das zwingende Völkerrecht umfasst. Die Reaktionen auf die Medienkonferenz der SVP vom Vortag erfolgen prompt und fallen heftig aus. Insbesondere die bewusste Inkaufnahme einer Kündigung der EMRK seitens der SVP stösst auf viel Widerstand.

15. Mai 2014 – Medienkonferenz und Studie zur EMRK

An einer Medienkonferenz der Arbeitsgruppe Dialog EMRK der NGO-Plattform Menschenrechte wird die Frage «Landesrecht vor Menschenrecht?» thematisiert. Die Antwort liefert eine entsprechende Studie des Schweizerischen Kompetenzzentrum für Menschenrechte (SKMR).

4. Mai 2014 – Amnesty International lanciert eine Informationskampagne zur EMRK

Anlässlich ihrer Generalversammlung macht Amnesty International auf den Nutzen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte aufmerksam und lanciert eine Informationskampagne über die EMRK.

2. November 2013 – Zunehmende Polemik gegen den EGMR

Die von der Schweizerischen Volkspartei SVP betriebene Polemik gegen die Europäische Menschenrechtskonvention EMRK und den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof EGMR wirft ihre Schatten bis in die politische Agenda des schweizerischen Parlaments.

22. Mai 2013 – Bundesrat: Kündigung der EMRK kommt nicht in Frage

In seiner Antwort auf einen Vorstoss der SVP hält der Bundesrat unmissverständlich fest, dass eine Kündigung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) nicht in Frage komme. Diese stärke den Schutz der Individualrechte und Grundfreiheiten in der Schweiz und eine Kündigung würde die internationale Glaubwürdigkeit der Schweiz gefährden, so der Bundesrat.

16. August 2007 – Blocher vergleicht Völkerrecht mit fremden Vögten

In seiner 1. August-Rede vergleicht der damalige Bundesrat Christoph Blocher das Völkerrecht mit «fremden Vögten» und löst damit eine Debatte über den Stellenwert der Menschenrechte in der Schweizer Politik aus.