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Kibrom Berhane gegen die Schweiz

10.10.2023

Mitteilung Nr. 983/2020, Entscheid vom 18. Juli 2023

In seinem Entscheid vom 18. Juli 2023 kritisiert der Ausschuss gegen Folter (CAT) die Entscheidung der Schweizer Migrationsbehörden, einen eritreischen Staatsbürger in sein Land auszuweisen, da er dort Gefahr läuft, gefoltert zu werden. Nach Ansicht des CAT würde die Schweiz mit der Abschiebung von Kibrom Berhane gegen Artikel 3 des Übereinkommens gegen Folter verstossen.

Kibrom Berhane hatte im Jahre 2015 Eritrea als Minderjähriger illegal verlassen. Er hatte sich in einem Café aufgehalten, als die eritreischen Behörden eine Razzia durchführten. Aus Angst vor einer Zwangsrekrutierung in die Armee beschloss er, sich auf die Flucht zu begeben.

Im selben Jahr gelangte Kibrom Berhane in die Schweiz, wo er einen Asylantrag stellte. Dieser wurde im Jahr 2017 vom Staatsekretariat für Migration (SEM) mit der Begründung abgelehnt, dass der Asylsuchende von den eritreischen Behörden nie zum Militärdienst einberufen worden sei und dass allein die theoretische Aussicht, Militärdienst leisten zu müssen, keine Bedrohung einer Verfolgung nach Artikel 3 des Asylgesetzes rechtfertigen würde. Der Beschwerdeführer legte gegen diese Entscheidung beim Bundesverwaltungsgericht (BVGer) Beschwerde ein und forderte die Schweiz auf, seinen Flüchtlingsstatus anzuerkennen. 2018 reichte er eine weitere Beschwerde beim BVGer ein, legte einen medizinischen Bericht vor und berief sich auf den Grundsatz der Gleichbehandlung im Vergleich zu zwei ähnlichen Fällen. In diesen war das SEM der Ansicht, dass zwei junge Eritreer von der Schweiz in Wiedererwägung als Flüchtlinge anerkannt werden mussten, weil sie das Alter für den Militärdienst erreicht hatten. 2019 lehnte das BVGer den Antrag des Beschwerdeführers sowie die zusätzliche Beschwerde ab. Daher wandte sich Kibrom Berhane 2019 in einer individuellen Mitteilung an den Anti-Folter-Ausschuss der Vereinten Nationen.

Der Ausschuss ist der Ansicht, dass Personen, die ihren Wehrdienst nicht geleistet haben, alleine aufgrund ihrer Desertion oder ihrer Weigerung, sich zum Militärdienst zu melden, gefährdet sind. Er stützt sich auf den Bericht des Sonderberichterstatters über die Menschenrechtslage in Eritrea aus dem Jahr 2021, demzufolge Asylsuchende, die nach Eritrea zurückgeschickt werden, bei ihrer Wiederkehr mit harten Strafen rechnen müssen, darunter lange Zeit in Geheimhaft, Folter und Misshandlungen. Nicht nur der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen und andere UN-Organisationen kamen zum Schluss, dass keine verlässlichen Informationen existieren, die eine Verbesserung der Menschenrechtslage in Eritrea belegen würden (insbesondere in Bezug auf den Nationalen Wehrdienst), vielmehr besteht darüber auch ein europäischer Konsens.

Der CAT kann nicht schlussfolgern, dass der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall nicht persönlich einem vorhersehbaren, gegenwärtigen und tatsächlichen Risiko ausgesetzt wäre, gefoltert zu werden, wenn er in sein Land zurückgeschickt würde. Er ist daher der Ansicht, dass eine Rückführung des Beschwerdeführers nach Eritrea eine Verletzung von Artikel 3 des Übereinkommens gegen Folter darstellen würde. Der CAT weist die Schweiz daher darauf hin, dass sie verpflichtet ist, auf die Rückführung von Kibrom Berhane zu verzichten.