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Fehlender fairer und diskriminierungsfreier Zugang zu COVID-19-Impfstoffen

Beschluss vom 31. August 2023

Im Rahmen einer Frühwarnmassnahme, die von einer internationalen Koalition aus Menschenrechtsgruppen, Expert*innen für öffentliche Gesundheit und Organisationen der Zivilgesellschaft eingeleitet wurde, befand der CERD in einer Entscheidung vom 31. August 2023, dass die Schweiz - ebenso wie Deutschland, das Vereinigte Königreich, Nordirland und die Vereinigten Staaten - gegen das Internationale Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung verstossen habe, indem sie sich weigerte, das geistige Eigentum an den Covid-19-Impfstoffen aufzuheben.

Der Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung der Vereinten Nationen war der Ansicht, dass die Schweiz nicht ausreichend zur Covax-Initiative beigetragen hatte, die Impfstoffe für Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen bereitstellen sollte. Die Schweiz hatte - unter dem Einfluss des Dachverbands ihrer Pharmaindustrie, der International Federation of Pharmaceutical Manufacturers and Associations - die von Indien und Südafrika bei der Welthandelsorganisation beantragte Aufhebung der Patente auf Impfstoffe und andere medizinische Produkte zur Bekämpfung der Pandemie ab Oktober 2020 blockiert, damit andere Unternehmen Impfstoffe herstellen können, ohne Gefahr zu laufen, von den Patentinhaber*innen verklagt zu werden.

Der CERD ist der Ansicht, dass das Coronavirus ein bedeutendes Problem für die öffentliche Gesundheit darstellt und insbesondere jene Einzelpersonen und Gruppen stärker bzw. unverhältnismässig stark betroffen sind, die ein grösseres Risiko für rassistische Diskriminierung aufweisen, wie Menschen afrikanischer und asiatischer Herkunft, Rom*nja-Gemeinschaften, indigene Völker und Angehörige nationaler oder ethnischer Minderheiten. Nach Ansicht des Ausschusses gibt die anhaltende Weigerung der reichen Länder, eine allgemeine Aussetzung des WTO-Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS) zu akzeptieren, Anlass zur Sorge. Es geht um die Frage, inwiefern die Vertragsstaaten ihren Verpflichtungen im Rahmen des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (ICERD) nachkommen.

Gemäss dem ICERD, Artikel 2 Buchstabe c) «muss jeder Vertragsstaat wirksame Massnahmen ergreifen, um die nationale und lokale Regierungspolitik zu überprüfen und alle Gesetze und Vorschriften zu ändern, aufzuheben oder für nichtig zu erklären, die eine Rassendiskriminierung bewirken oder dort, wo sie besteht, fortbestehen lassen». Der Ausschuss ist der Ansicht, dass der derzeitige ungleiche Einsatz von Impfstoffen ein klassisches Beispiel für strukturelle Rassendiskriminierung ist.

Der CERD forderte die Schweiz sowie die anderen oben genannten Staaten auf, auf geistige Eigentumsrechte zu verzichten oder andere Massnahmen zu ergreifen, um einen fairen und nicht diskriminierenden Zugang zu Covid-19-Impfstoffen wiederherzustellen, und bat sie, Informationen über die ergriffenen Massnahmen vorzulegen.

Der UN-Ausschuss und viele Länder möchten, dass die Problematik bei den Diskussionen über den nächsten Pandemievertrag in der Weltgesundheitsorganisation angesprochen wird. Viele westliche Länder, darunter die Schweiz, lehnen dies mit dem Argument ab, dass geistiges Eigentum in der WTO diskutiert werden sollte, deren nächste Ministertagung im Februar 2024 stattfindet.