23.04.2020
Das einzige im schweizerischen Recht strafrechtlich verankerte Diskriminierungsverbot findet sich in Artikel 261bis Strafgesetzbuch (StGB). Die Bestimmung verbietet öffentliche rassistische Hetze (Abs. 1), Verleumdung (Abs. 2) und gegen die Menschenwürde verstossende Äusserungen auf Grund von rassistischen Zuschreibungen, Ethnie und Religion (Abs. 4 Teilsatz 1). Mit Volksabstimmung vom 9. Februar 2020 wurde die Bestimmung um ein Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung ergänzt. Damit werden auch Personen geschützt, die aufgrund ihrer Homo-, Hetero- oder Bisexualität diskriminiert werden. Strafbar macht sich weiter, wer einer Person wegen rassistischen Zuschreibungen, ihrer Ethnie, Religion oder sexuellen Orientierung eine öffentlich angebotene Leistung verweigert.
Die Strafverfolgungsbehörden sind von Amtes wegen verpflichtet, ein Strafverfahren einzuleiten, wenn genügend Verdachtsgründe für eine der Handlungen vorliegen, die aufgrund der Anti-Rassismusstrafnorm verboten sind, und zwar unabhängig vom Willen des oder der verletzten Personen. Ausserdem kann jede Person (d.h. nicht nur Betroffene) eine Anzeige einreichen, wenn ihr entsprechende Hinweise bekannt werden.
Die Verfolgung von diskrimierenden Handlungen ist damit ein Anliegen von öffentlichem Interesse; es beinhaltet den Willen, betroffene Personen vor Einschüchterung, Hass, Herabsetzung und Marginalisierung zu schützen und das friedliche Zusammenleben der Gesellschaft zu fördern.
Ungenügender strafrechtlicher Schutz für weitere Personengruppen
Das Strafgesetzbuch stellt keine Handhabe zur Verfügung, um Personen vor diskriminierenden Handlungen wegen ihrer Geschlechtsidentität, wegen einer Behinderung oder wegen des Alters oder des Geschlechts strafrechtlich zu schützen. Gegen die genannten Personenkategorien darf – zum Beispiel in den sozialen Medien - ungestraft öffentlich zu Hass und Diskriminierung aufgerufen werden; auch können diese Gruppen ohne strafrechtliche Folgen herabgesetzt und durch Wort, Schrift und Bild diskriminiert werden.
In solchen Fällen kann lediglich wegen einem Ehrverletzungsdelikt gemäss Art. 173 ff. StGB geklagt werden. Diese Bestimmungen sind allerdings nur dann anwendbar, wenn sich die Ehrverletzung gegen eine konkrete Person oder Gruppe von Personen richtet, diese also persönlich klar identifizierbar sind. Nur diesen Personen wird die Opfereigenschaft zugesprochen und nur sie sind befugt, den bei Ehrverletzungsdelikten nötigen Strafantrag zu stellen.
Gegen allgemeine Verunglimpfungen von exponierten Personenkategorien – z.B. gegenüber Transpersonen oder etwa Menschen mit psychischen Behinderungen oder «die Feministinnen» bietet das schweizerische Strafrecht bis heute kein Gegenmittel.