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Adam Harun gegen die Schweiz

06.12.2018

Mitteilung Nr. 758/2016, Urteil vom 6. Dezember 2018

Der UNO-Ausschuss gegen Folter rügt einen Schweizer Wegweisungsentscheid, da die Rückführung nach Italien Artikel 3 der Antifolterkonvention verletzen würde.

Adam Huran ist Äthiopier und war in seinem Heimatland Mitglied der Oromo-Befreiungsfront (Oromo Lieberation Front), welche sich für die Rechte der Oromo, einer Volksgruppe im Norden Äthiopiens, einsetzt. Dafür wurde er in Äthiopien verhaftet und gefoltert. Nachdem er aufgrund seines schlechten Gesundheitszustands vorübergehend aus dem Gefängnis entlassen worden war, floh er nach Italien. Dort wurde er als Flüchtling anerkannt. In Italien musste er auf der Strasse leben und erhielt nicht die für ihn notwendige medizinische Behandlung. Im März 2012 reiste er deshalb nach Norwegen, von wo er wieder nach Italien zurückgewiesen wurde. Gemäss der Dublin-III-Verordnung war Italien für seine Aufenthaltsberechtigung zuständig, da er dort zuerst als Flüchtling anerkannt worden war. Die italienischen Behörden sicherten ausserdem zu, dass er nun die notwendige medizinische Behandlung erhalten würde.

Nachdem die angemessene Versorgung ausblieb, floh der Beschwerdeführer im Juli 2012 zur medizinischen Behandlung in die Schweiz. Das Staatssekretariat für Migration SEM ersuchte Italien im September 2012 um die Rücknahme des Beschwerdeführers. Dabei erwähnte das Staatssekretariat nicht, dass es sich beim Beschwerdeführer um ein Folteropfer mit schweren gesundheitlichen Problemen handelt. Im August 2014 verfügte das Staatsekretariat die Wegweisung nach Italien, was auch vom Bundesverwaltungsgericht gestützt wurde.

Der Antifolterausschuss erinnert in seinem Entscheid zunächst daran, dass der Beschwerdeführer in Italien Bedingungen aussetzt sein würde, die seinen besonderen (medizinischen) Bedürfnissen als Folteropfer nicht entsprechen würden. Angesichts seines schweren physischen und psychischen Traumas stuft der Ausschuss seine Abschiebung als unmenschlich und erniedrigend ein. Er erinnert in seinem Entscheid an den zwingenden Charakter des Non-Refoulement-Prinzips und daran, dass die Verweigerung notwendiger medizinischer Versorgung eines Folteropfers eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung darstellt. Die Schweiz hat die Erfahrungen des Beschwerdeführers als Folteropfer und die Folgen seiner Wegweisung nach Italien nicht in individualisierter und ausreichend fundierter Weise untersucht und deshalb mit der Wegweisung das Non-Refoulement-Prinzip verletzt.