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Menschenrechte: Häufig gestellte Fragen und Antworten

14.01.2013

Was ist der Unterschied zwischen Grundrechten und Menschenrechten?

Die Menschenrechte sind in internationalen Deklarationen und Abkommen festgeschrieben, die Grundrechte hingegen in den Verfassungen der Staaten. Die meisten Grundrechte haben eine Entsprechung bei den internationalen Menschenrechten; umgekehrt ist es in der Regel nicht so, dass alle internationalen Menschenrechte in den Grundrechten einer Verfassung abgebildet sind. 

Gelten die Menschenrechte für alle Menschen?

Menschenrechte gelten in aller Regel (mit Ausnahme der politischen Rechte und der Niederlassungsfreiheit, auf welche sich nur Staatsbürger/-innen berufen können) für alle Menschen, unabhängig ihrer ethnischen Zugehörigkeit, ihres Geschlechts, ihres Alters, ihrer Sprache, ihrer Herkunft, ihrer politischen Anschauung oder ihrer Religion. Niemand kann, auch wenn er oder sie schwere Verbrechen begangen hat, seine Menschenrechte verlieren. Auch gegenüber Massenmördern darf der Staat die Menschenrechte nicht verletzen; sie können höchstens eingeschränkt werden (vgl. die nächsten beiden Fragen). 

Können Menschenrechte eingeschränkt werden?

Mit wenigen Ausnahmen gelten Menschenrechtsgarantien nicht absolut, sondern können unter bestimmten Voraussetzungen eingeschränkt werden. So bestimmt beispielsweise Art. 21 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte:

«Das Recht, sich friedlich zu versammeln, wird anerkannt. Die Ausübung dieses Rechts darf keinen anderen als den gesetzlich vorgesehenen Einschränkungen unterworfen werden, die in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen oder der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung (ordre public), zum Schutz der Volksgesundheit, der öffentlichen Sittlichkeit oder zum Schutze der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sind.»

Gewisse Menschenrechte wie das Folterverbot oder das Sklavereiverbot gelten jedoch absolut, d.h. sie können unter keinen Umständen (auch nicht in Notsituationen) eingeschränkt oder gar aufgehoben werden.

Gelten Menschenrechte auch in Notsituationen bzw. Kriegszeiten?

In Notsituationen oder während eines Krieges sind Staaten oft nicht in der Lage, die ihnen obliegenden Menschenrechtsverpflichtungen vollumfänglich zu erfüllen. Bei objektivem Vorliegen einer Notsituation können Staaten unter Beachtung des Verhältnismässigkeitsprinzips und des Diskriminierungsverbotes ihre menschenrechtlichen Verpflichtungen - mit Ausnahme der notstandsfesten Garantien -  vorübergehend ausser Kraft setzen. Art. 4 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte bestimmt hierzu:

«1 Im Falle eines öffentlichen Notstandes, der das Leben der Nation bedroht und der amtlich verkündet ist, können die Vertragsstaaten Massnahmen ergreifen, die ihre Verpflichtungen aus diesem Pakt in dem Umfang, den die Lage unbedingt erfordert, ausser Kraft setzen, vorausgesetzt, dass diese Massnahmen ihren sonstigen völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht zuwiderlaufen und keine Diskriminierung allein wegen der «Rasse»*, der Hautfarbe, des Geschlechts, der Sprache, der Religion oder der sozialen Herkunft enthalten.»

Hingegen ist ein befristetes Ausser-Kraft-Setzen («Derogation») von notstandsfesten Garantien - z.B. das Recht auf Leben, das Folterverbot, das Verbot der Sklaverei und der Leibeigenschaft oder die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit - ausgeschlossen. Diese Garantien sind auch in Notsituationen zu beachten. Zudem kann die Derogation menschenrechtlicher Verträge nicht als Grund für eine Nichtbeachtung des humanitären Völkerrechts angeführt werden, da dieses ja gerade für Kriegs- und Bürgerkriegssituationen geschaffen worden ist. 

Welche Pflichten ergeben sich aus den Menschenrechten?

Die Menschenrechte verpflichten in erster Linie die Staaten. Diese dürfen die Menschenrechte nicht verletzen und sie haben zu gewährleisten, dass Einzelpersonen sich gegen Übergriffe des Staates vor einem Gericht zur Wehr setzen können. In vielen Bereichen verpflichten die Menschenrechte die Staaten auch zu besonderen Leistungen, sei es im Bereich der Verfahrensrechte, Sozialrechte oder der politischen Rechte. 

Müssen sich auch Private (Einzelpersonen, Unternehmen etc.) an die Menschenrechte halten?

Die in internationalen Menschenrechtsinstrumenten niedergelegten Garantien verpflichten grundsätzlich nur die Staaten und alle Angehörigen von staatlichen Behörden. Falls jedoch fundamentale Menschenrechte verletzt wurden, wie es beispielsweise bei Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Genozid der Fall ist, können auch Privatpersonen zum Beispiel Milizenführer oder Politiker/innen vor dem internationalen Strafgerichtshof zur Verantwortung gezogen werden.

Darüber hinaus anerkennen die internationalen Durchsetzungsorgane, dass Menschenrechte nicht nur durch den Staat, sondern auch durch private Organisationen und Einzelpersonen bedroht werden können. Wenn beispielsweise der private Sicherheitsdienst eines Wirtschaftsunternehmens rebellische Arbeiter/innen misshandelt, so ist dies eine Menschenrechtsverletzung durch eine private Organisation. Von einer Missachtung der Menschenrechte durch eine private Einzelperson kann zum Beispiel bei häuslicher Gewalt gesprochen werden. In beiden Fällen sind die Staaten aufgrund der bestehenden Menschenrechtsgarantien verpflichtet, den bedrohten oder misshandelten Personen einen effektiven Schutz zu gewähren, obwohl die Bedrohung nicht vom Staat ausgeht.  

Menschenrechte werden überall auf der Welt verletzt. Haben die Menschenrechte überhaupt eine Wirkung?

Die Durchsetzung der Menschenrechte bedingt einen handlungsfähigen, starken Staat, der fähig und auch Willens ist, die Verantwortung für Menschenrechtsverletzungen zu übernehmen. Davon kann man allerdings oft nur träumen.

Um die Einhaltung der Menschenrechte besser kontrollieren zu können, wurden internationale Schutzmechanismen eingerichtet. Die internationalen Gremien im Rahmen der UNO und des Europarats sowie die zur Überwachung der Menschenrechtsverträge eingesetzten Ausschüsse prüfen, ob sich die Vertragsstaaten an die Menschenrechte halten. Sie können menschenrechtsverletzende Staaten verurteilen und Empfehlungen abgeben. Es lassen sich jedoch keine juristisch verbindlichen Verpflichtungen für den verurteilten Staat ableiten. Einzig die Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sind für die Staaten rechtlich verbindlich. Doch auch Verurteilungen ohne direkte juristische Folgen fördern die Durchsetzung der Menschenrechte, da kein Staat offiziell als Unrechtsstaat dastehen will.

Weiter gehende Zwangsmittel, wie etwa Boykotte oder gar militärische Aktionen, muss der UNO-Sicherheitsrat genehmigen. Sie werden nur in seltenen Fällen und meist gestützt auf politische Überlegungen ergriffen.

 

*Menschenrassen existieren nicht. Das Konzept von angeblichen, naturgegebenen Menschenrassen wurde sozial konstruiert und ist Kern der rassistischen Ideologie und wissenschaftlich unhaltbar. Der Begriff «Rasse» wird in Anführungszeichen geschrieben, um die soziale Konstruktion des Begriffs hervorzuheben und eine Analyse struktureller Ungleichheit und Diskriminierung zu ermöglichen.