12.03.2025
Das vorliegende Dossier formuliert einen Vorschlag für ein Rahmengesetz zur Bekämpfung jeder Form von Diskriminierung. Gestützt auf menschenrechtliche Vorgaben sowie Erkenntnisse aus Praxis und Theorie werden die wichtigsten Argumente für eine umfassende Gesetzgebung dargelegt.
Mit dem Vorschlag für ein Antidiskriminierungsgesetz möchte humanrights.ch die Diskussion innerhalb der Zivilgesellschaft anstossen: Warum braucht es ein solches Gesetz? Wer ist geschützt? Welche Lebensbereiche sind umfasst? Welche Verpflichtungen ergeben sich daraus? Ist die Zeit reif für ein Projekt zur Förderung eines breiten Schutzes vor Diskriminierung?
Während im Abschnitt 2 die inhaltliche Tragweite des Rahmengesetzes zum Schutz vor Diskriminierung dargelegt werden, enthält Abschnitt 3 ein Argumentarium für ein Antidiskriminierungsgesetz. Abschnitt 1 bietet zudem Informationen zur aktuellen Rechtslage.
Seit Jahrzehnten wird die Schweiz von den verschiedenen internationalen Überwachungsorganen zum Schutz der Menschenrechte gerügt, weil sie die Bevölkerung nicht genügend vor Diskriminierung schützt. Zur Verbesserung der Situation fordern sie eine umfassende Antidiskriminierungsgesetzgebung. Mit gleicher Hartnäckigkeit wehren sich Bundesrat und Parlament dagegen, die rechtlichen Grundlagen zur Bekämpfung von Diskriminierung umfassend auszubauen. Auch innerhalb der Organisationen, die sich gegen Diskriminierung und für die Gleichstellung einsetzen, gibt es bis anhin kein gemeinsames Projekt für eine grundlegende Stärkung des Rechts gegen Diskriminierung. Der sektorielle Weg erscheint vielen zielführender.
Der aktuelle rechtliche Schutz vor Diskriminierung ist nicht gerecht, er funktioniert nur ungenügend und ist wenig kohärent. Zwar konnten immer wieder wichtige Fortschritte in bestimmten Bereichen erkämpft werden. Dazu zählen zum Beispiel Mitte der 1990er Jahre die Einführung der Rassendiskriminierungsstrafnorm und das Gleichstellungsgesetz für Frau und Mann, 2004 das Behindertengleichstellungsgesetz, 2020 das strafrechtliche Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung, 2022 die Ehe für alle, sowie 2024 das neue Sexualstrafrecht. Allerdings gibt es im rechtlichen Schutz vor Diskriminierung erhebliche bis grosse Defizite – so etwa bei Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts, einer Behinderung, der sexuellen Orientierung, rassistischer und antisemitischer Diskriminierung, aufgrund des Lebensalters und der sozioökonomischen Situation.
Im vorliegenden Dossier wird ausgeführt, warum es wichtig ist, das Projekt für ein Rahmengesetz zur Bekämpfung jeder Form von Diskriminierung anzustossen und voranzubringen. Für ein Rahmengesetz spricht, dass die Kohärenz besser gewährleistet und Widersprüche vermieden werden können. Zudem können übergreifende Herausforderungen wie algorithmische Diskriminierung effektiver reguliert werden. Ausserdem wirkt der gemeinsame Einsatz für ein solches Gesetz als Motor, dessen Wirkungskraft weit über die potenziell rechtlichen Errungenschaften hinausgehen kann. Im Kern geht es darum, ein Bündnis aus der Mitte der Gesellschaft aufzubauen und den reaktionären Kräften ein positives Bild unserer Demokratie entgegenzusetzen.