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Menschenrechtskommissar*in des Europarates

Der Menschenrechtskommissar bzw. die Menschenrechtskommissarin wird von der Parlamentarischen Versammlung des Europarates für eine einmalige Amtszeit von sechs Jahren gewählt. Er oder sie ist dem Generalsekretariat des Europarates angegliedert. Die Finanzierung obliegt dem Europarat, allerdings verfügt das Amt nicht über ein separates Budget.

Die Schaffung des Amtes eines Menschenrechtskommissars bzw. einer Menschenrechtskommissarin geht auf einen 1997 von den Mitgliedstaaten des Europarates verabschiedeten Aktionsplan zurück. Die Umsetzung dieser Initiative erfolgte durch eine Resolution des Ministerkomitees vom 7. Mai 1999 (Resolution (99) 50). Als erster Menschenrechtskommissar wurde der spanische Staats- und Verwaltungsrechtler Álvaro Gil-Robles gewählt, der sein Amt am 1. Januar 2000 antrat. Als zweiter Menschenrechtskommissar fungierte von 2006 bis 2012 der Schwede Thomas Hammarberg und als dritter von 2012 bis 2018 Nils Muižnieks aus Lettland. Seit dem 1. April 2018 hat nun erstmals eine Frau dieses Amt inne: Dunja Mijatović aus Bosnien und Herzegowina.

Mandat

Der Menschenrechtskommissar ist eine nichtrichterliche Institution, die der Bewahrung und Durchsetzung der Menschenrechte und Grundfreiheiten in den Mitgliedstaaten des Europarates dienen soll. Der Kommissar kann keine Beschwerden in Einzelfällen entgegen nehmen und kann auch nicht quasi-exekutiv wie das Ministerkomitee des Europarates handeln.

Der Kommissar hat im Wesentlichen folgende Aufgaben (für Einzelheiten siehe Art. 3 der Resolution (99) 50):

  • Förderung der Menschenrechtsbildung und der tatsächlichen Einhaltung der Menschenrechte;
  • Erteilung von Ratschlägen und Auskünften über den Menschenrechtsschutz;
  • Unterstützung von nationalen Ombudspersonen oder vergleichbaren Stellen;
  • Feststellung von normativen und praxisbezogenen Unzulänglichkeiten im System des nationalen Menschenrechtsschutzes und Hilfe bei der Beseitigung dieser Mängel.

In der Wahrnehmung dieser Aufgaben veranstaltet der Kommissar Seminare, Konferenzen und Treffen. Zudem unternimmt er offizielle Besuche in die Mitgliedstaaten des Europarates, um sich zu informieren und um die Wahrung der Menschenrechte zu fördern. Des Weiteren kann der Kommissar auch Empfehlungen oder Gutachten verfassen, etwa im Zusammenhang mit der Feststellung von Mängeln im nationalen Menschenrechtsschutz. Im Unterschied zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte kann der Kommissar seine schriftlichen Äusserungen nicht direkt an den betroffenen Mitgliedstaat richten, sondern muss sie an das Ministerkomitee oder die Parlamenatarische Versammlung des Europarates leiten.

Der Kommissar kann keine Sanktionen verhängen, wenn Menschenrechte verletzt werden. Er muss auf die moralische Wirkung seiner Stellungnahmen und den daraus für die betroffenen Staaten resultierenden öffentlichen Druck zählen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass das Ministerkomitee aufgrund der Stellungnahme des Menschenrechtskommissars Massnahmen ergreift (z.B. die Aufforderung an einen Mitgliedstaat, die vom Kommissar empfohlenen Massnahmen zum Schutz der Menschenrechte umzusetzen).

Arbeitsweise

Der erste Menschenrechtskommissar des Europarates, Álvaro Giles-Robles, initiierte gleich zu Beginn seiner Amtszeit die Praxis, den Mitgliedstaaten des Europarates Besuche abzustatten und sich direkt vor Ort über die Menschenrechtssituation in den jeweiligen Ländern zu informieren. Die Ergebnisse der Besuche der verschiedenen Amtsträger sind in Berichten dokumentiert, die auf der Website des Kommissars bzw. der Kommissarin einsehbar sind.

Des Weiteren hat der Menschenrechtskommissar in bisher drei Einzelfällen konkret ermittelt, den Sachverhalt auf der Grundlage der EMRK einer Wertung unterzogen und seine Schlussfolgerungen in Form von Empfehlungen an das Ministerkomitee weitergeleitet. Es handelt sich dabei um eine Empfehlung im Zusammenhang mit sogennanten «Cleansing-Operationen» des russischen Militärs in Tschetschenien, eine Empfehlung über das Recht von Ausländern, die in einen Mitgliedstaat des Europarates einreisen wollen sowie um eine Stellungnahme über gewisse rechtliche und praktische Aspekte von Sterilisationen von Frauen in der Slowakei. Unter Thomas Hammarberg sind 2009 zwei weitere Studien entstanden: die «Empfehlungen bezüglich systematischen Arbeiten zur Implementierung der Menschenrechte auf Nationaler Ebene» sowie die «Empfehlungen des Menschenrechtskommissars bezüglich der Implementierung des Rechts auf Wohnen», ein Recht, das im Zuge der Wirtschaftskrise an Bedeutung gewonnen hat.

Sodann hat der Kommissar mehrere Gutachten zu Einzelfragen verfasst, unter anderem über das Ausserkraftsetzen von Art. 5 Abs. 1 EMRK durch Grossbritannien. Schliesslich arbeitet der Menschenrechtskommissar Grundlagen und Empfehlungen zu einer Reihe von Menschenrechtsthemen aus.