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Abgelehntes Adoptionsgesuch einer homosexuellen Frau

E.B. gegen Frankreich

Urteil vom 22. Januar 2008 (pdf, französisch, 47 S.)

Verletzung von Art. 14 EMRK in Verbindung mit Art. 8 EMRK 

Die Beschwerdeführerin, die in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung lebt, bemühte sich in ihrem französischen Wohnort um die Adoption eines Kindes. Die Bewilligung zur Adoption wurde von der zuständigen Verwaltung wie auch von den angerufenen Gerichten abgelehnt mit der Begründung, es fehle dem Kind eine väterliche Bezugsperson. Sodann sei die Rolle der Lebenspartnerin der Beschwerdeführerin unklar. Das Kindeswohl sei damit nicht eindeutig gewährleistet.

Die Beschwerdeführerin klagte daraufhin vor dem EGMR wegen Verletzung von Art. 14 (Diskriminierungsverbot) in Verbindung mit Art. 8 (Recht auf Privat- und Familienleben). Sie machte geltend, dass ihr Privatleben, konkret ihre Homosexualität, ausschlaggebend für den negativen Entscheid waren, sie also aufgrund ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert worden sei.

Der EGMR betonte, dass Art. 8 EMRK kein Recht auf Adoption garantiere. Das französische Recht gewährt einzelnen Personen jedoch ausdrücklich das Recht, eine Adoption zu beantragen. Da das Gesuch um eine Einzeladoption in den Regelungsbereich von Art. 8 EMRK (Schutz der Privatsphäre und der Familie) falle, und der Staat die Anwendung dieses Rechts gemäss Art. 14 EMRK diskriminierungsfrei zu garantieren hat, akzeptierte der EGMR die Klage. Er befand, dass das Argument der fehlenden Vaterfigur nicht haltbar sei, da dieses in allen Fällen der Adoption durch eine Einzelperson fraglich sei. Die Berücksichtigung der Haltung der Lebensgefährtin zur Adoption wird vom EGMR mit Blick auf das Kindeswohl begrüsst. Doch obwohl die französischen Behörden nicht explizit dazu Stellung nahmen, kam der Gerichtshof zum Schluss, dass die Homosexualität der Beschwerdeführerin die Entscheidungen zentral beeinflusste. Diese Differenzierung aufgrund der sexuellen Orientierung sei im Sinne von Art. 14 EMRK diskriminierend, da diese nicht objektiv und vernünftig begründet sei. Da die Beschwerdeführerin nach Meinung des Gerichtshofes geeignete erzieherische Qualitäten aufweise, sei das Kindesinteresse gewährleistet. Die Unterscheidung aufgrund der sexuellen Orientierung bei dem Adoptionsgesuch verletze demzufolge Artikel 14 EMRK in Verbindung mit Artikel 8 EMRK.