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Basiswissen Asylrecht - Dossier

Unbegleitete minderjährige Asylsuchende

27.09.2016

Minderjährige, die sich ohne Eltern auf der Flucht befinden, sind besonders verletzlich. Wie jeder Staat ist die Schweiz verpflichtet, unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden einen besonderen Schutz zukommen zu lassen. Das oberste Gebot bei der Behandlung der Asylgesuche von unbegleiteten Minderjährigen ist daher die Einhaltung des Prinzips, wonach sich alle Entscheide, welche Minderjährige betreffen, am vorrangigen Kindeswohl orientieren müssen.

Im Schweizer Asylgesetz sind spezifische Massnahmen für unbegleitete minderjährige Asylsuchende vorgesehen. Nicht nur werden die Gesuche prioritär behandelt (Art. 17 Abs. 2 bis AsylG), sondern Minderjährige haben auch Anrecht auf eine Vertrauensperson (Art. 17 Abs. 3 lit. a und b AsylG). Die Vertrauensperson nimmt die Interessen der Minderjährigen wahr und begleitet und unterstützt diese während des Asylverfahrens. Weiter können auch kinderschutzrechtliche Massnahmen im Sinne des Zivilgesetzbuches zum Zuge kommen, in Form einer Beistand- oder Vormundschaft. Gewisse Kantone legen die Aufgabe der Vertrauensperson und des Beistandes zusammen. Auch die Ausgestaltung der Unterkunft, der Betreuung sowie der Bildungsmöglichkeiten ist je nach Kanton sehr unterschiedlich.

Die Konferenz der kantonalen Sozialdirektoren (SODK) hat im Mai 2016 Mindeststandards für den Umgang der Kantone mit minderjährigen Asylsuchenden verabschiedet. Diese sollen die Rahmenbedingungen festlegen und helfen, die grossen Unterschiede zwischen den Kantonen auszugleichen. Ob die neuen Richtlinien die gewünschte Wirkung erzeugen, hängt von der Umsetzung der Kantone ab.

Ein grosses Problem besteht darin, dass unbegleitete minderjährige Asylsuchende Schwierigkeiten haben, ihr Alter und damit ihre Minderjährigkeit zu belegen. Auch wenn Identitätsdokumente eingereicht werden, verneint das SEM oft deren Beweiswert, da sie leicht käuflich seien.

In der Schweiz wird zur Altersbestimmung oft auf die sehr kontroverse Methode der radiologischen Handknochenanalyse abgestützt, obwohl diese laut Kinderradiologen für die Alters-bestimmung unbrauchbar und zudem schädlich ist. Sie verletzt das Recht auf körperliche Integrität und missachtet damit das vorrangige Kindeswohl.