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Recht auf Leben in Kürze

27.01.2020

Im Folgenden finden sich einige Eckpunkte für das Verständnis des im internationalen Recht und der Bundesverfassung verankerten Menschenrechts auf Leben. Die Angaben erheben keinen Anspruch auf Genauigkeit und Vollständigkeit.

Grundgehalt

Das Recht auf Leben ist ein unbedingter Anspruch auf Schutz des Individuums vor einer willkürlichen Tötung.

Erläuterung zur Todesstrafe

Das Recht auf Leben bietet keinen unmittelbaren Schutz vor der Todesstrafe. Die Abschaffung der Todesstrafe wird menschenrechtlich auf der Ebene von fakultativen Zusatzabkommen geregelt. Jedoch ist die Vollstreckung der Todesstrafe an Minderjährigen, schwangeren Frauen und Personen mit einer geistigen Behinderung in allen Fällen verboten.
Trotz Zulässigkeit der Todesstrafe gemäss Art. 2 Abs. 1 EMRK erachtet der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte diese Sanktion inzwischen generell als eine unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung gemäss Art. 3 EMRK. Deshalb ist die Todesstrafe in Europa nicht mehr zulässig.

Rechtsquellen

Pflichten des Staates

Achtungspflichten

Unterlassen von nicht gerechtfertigten Eingriffen in das Recht auf Leben durch staatliche Organe, wie zum Beispiel:

  • Tödlicher Schusswaffengebrauch von Sicherheitskräften gegen Demonstrierend
  • Unzureichende Gesundheitsversorgung von Gefangenen mit tödlichen Folgen

Schutzpflichten

Staatliche Massnahmen gegen Verletzungen des Rechts auf Leben durch nicht-staatliche Dritte (Privatpersonen, Unternehmen etc.), wie zum Beispiel:

  • Gesetzgebungspflichten zum Schutz vor Verstössen von staatlichen und privaten Akteuren

Gewährleistungspflichten

Institutionelle und materielle Voraussetzungen schaffen für die volle Realisierung des Rechts auf Leben, wie zum Beispiel:

  • Untersuchungspflicht aller ungeklärter Todesfälle
  • Bestrafungspflicht rechtswidriger Tötungen durch staatliche Organe oder durch Private
  • Leistungspflicht in staatlichen Gewahrsamssituationen, wie etwa Haft oder Aufenthalt in psychiatrischen Spitälern, durch ausreichende Versorgung
  • Beweislastumkehr bei Todesfällen in Gewahrsamssituationen
  • Leistungspflichten bei Verunmöglichen einer selbständigen Beschaffung der notwendigen Subsistenzgüter
  • Pflicht zur Ergreifung von Massnahmen zum besseren Schutz des Lebens, z.B. im Strassenverkehr
  • Bemühungen zur Abschaffung der Todesstrafe

Keine legitimen Einschränkungen, aber Ausnahmen

Das Recht auf Leben ist notstandsfest, und es gilt im Prinzip absolut. Es kann jedoch in bestimmten definierten Ausnahmefällen aufgehoben werden.

Wichtige Ausnahmen:

  • Der Vollzug einer in einem fairen Verfahren verhängten Todesstrafe in einem Staat, der diese Strafe in seinem Recht verankert hat.
  • Die Tötung durch Staatsorgane, falls der tödliche Ausgang in einer Notwehrsituation oder während einer legitimen und verhältnismässigen Polizeiaktion zum Schutz von Dritten (sog. „finaler Rettungsschuss“) unvermeidbar ist.
  • Tötungshandlungen während bewaffneter Konflikte, falls die Grenzen des humanitären Völkerrechts beachtet werden.

Kerngehalt

Jeder Eingriff in den Kernbereich des Rechts auf Leben ist verboten, wie zum Beispiel:

  • eine willkürliche Tötung
  • eine Auslieferung bei drohender Todesstrafe

Kontroverse Themen

Internationale Rechtsprechung (Beispiele)

Online-Texte zur Vertiefung

Inhaltlich verwandte Menschenrechte

Quellen für diesen Artikel