20.08.2013
Im Folgenden finden sich einige Eckpunkte für das Verständnis des im internationalen Recht verankerten Menschenrechts Verbots der Sklaverei und der Zwangsarbeit. Die Angaben erheben keinen Anspruch auf Genauigkeit und Vollständigkeit.
Grundgehalt
Verbot der Sklaverei
Sklaverei und Leibeigenschaft sowie deren moderne Formen sind absolut verboten, und das Verbot kann auch in Notstandssituationen nicht ausser Kraft gesetzt werden. Als moderne Formen der Sklaverei gelten u.a.:
- Kinder- und Frauenhandel
- Zwangsprostitution
- Menschenhandel zum Zweck wirtschaftlicher Ausbeutung
- Schlimmste Formen der Kinderarbeit
- Schlimmste Formen der Ausbeutung von Sans Papiers
- Zwangsrekrutierung von Kindersoldaten
- Schuldknechtschaft
Verbot der Zwangsarbeit
Zwangsarbeit ist eine nicht-freiwillige Arbeitsleistung, welche von einer staatlichen Behörde mit Sanktionsdrohung angeordnet wird. Das Verbot der Zwangsarbeit gilt absolut; jedoch sind folgende Situationen davon ausgenommen:
- Zwangsarbeit im Rahmen eines rechtmässigen Freiheitsentzugs
- Arbeiten im Rahmen der Militärdienstpflicht oder des Ersatzdienstes
- Dienstleistungen im Falle von Katastrophen
- Arbeiten und Dienstleistungen im Rahmen der üblichen Bürgerpflichten
Rechtsquellen
Pflichten des Staates
- Menschenrechte: Pflichten der Staaten
Erläuterungen zur Unterscheidung von Achtungs-, Schutz- und Gewährleistungspflichten
Achtungspflichten
Unterlassen von nicht gerechtfertigten Eingriffen in das Verbot der Sklaverei und der Zwangsarbeit durch staatliche Organe, wie zum Beispiel:
- Arbeitslager zum Zwecke der ideologisch-moralischen Umerziehung
- Kommerzielle Ausbeutung der Arbeitspflicht von Strafgefangenen
- Staatliche Beteiligung an Menschenhandel und Zwangsprostitution
Schutzpflichten
Staatliche Massnahmen gegen Verletzungen des Verbots der Sklaverei und der Zwangsarbeit durch nicht-staatliche Dritte (Privatpersonen, Unternehmen etc.), wie zum Beispiel:
- Gesetzliches Verbot und strafrechtliche Verfolgung von allen Formen der Sklaverei, des Menschenhandels und der Zwangsarbeit unter Privaten
Gewährleistungspflichten
Institutionelle und materielle Voraussetzungen schaffen für die volle Realisierung des Verbots der Sklaverei und der Zwangsarbeit, wie zum Beispiel:
- Internationale Zusammenarbeit (z.B. Rechtshilfe) in der Strafverfolgung
- Rechtsschutz für Opfer
- Rehabilitierung und Reintegration von Opfern
- Präventive Massnahmen, wie etwa verschärfte Grenzkontrollen
- Wirksame Beschwerdemöglichkeit gegen jede Verletzung des Verbots der Sklaverei, des Menschenhandels und der Zwangsarbeit gewährleisten.
Legitime Einschränkungen: keine
Das Verbot der Sklaverei und der Zwangsarbeit darf nicht eingeschränkt werden. Für Zwangsarbeit gelten aber die oben erwähnten Ausnahmen.
Kontroverse Themen
- Was sind Arbeiten und Dienstleistungen im Rahmen der üblichen Bürgerpflichten?
- Ist das Verordnen von Arbeitseinsätzen für Sozialhilfebzüger/innen oder Arbeitslose eine Form der Zwangsarbeit?
Sanktionen in der Sozialhilfe: Wo sind die Grenzen?
Internationale Rechtsprechung (Beispiele)
- Zwangsarbeit und Menschenhandel
Informationsblatt zur Rechtsprechung des EGMR (pdf, 5 S.) - Bekämpfung von Leibeigenschaft
Siliadin gegen Frankreich, EGMR-Urteil vom 26. Juli 2005
Online-Texte zur Vertiefung
- Ein monströses Verbrechen
Interview im Cicero im November 2008 (pdf, 5 S.) - Report of the Special Rapporteur on contemporary forms of slavery, including its causes and consequences
Bericht der Sonderberichterstatterin über zeitgenössische Formen von Sklaverei, Gulnara Shahinian, Juni 2010 (pdf, 22 S.)
Inhaltlich verwandte Menschenrechte
- Arbeitsrechte
- Anerkennung als Rechtsperson / Rechtsfähigkeit
- Folter / unmenschliche Behandlung oder Strafe