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Minderheitenrechte

27.01.2020

Im Folgenden finden sich einige Eckpunkte für das Verständnis der im internationalen Recht und in der Bundesverfassung verankerten Minderheitenrechte. Die Angaben dienen einer Einführung und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Grundgehalt

Angehörige von sprachlichen, religiösen und kulturellen Minderheiten haben ein gegenüber dem Rest der Bevölkerung privilegiertes Recht, ihre kulturellen Besonderheiten – Kultur, Sprache und Religion – zu pflegen.

Gemäss der von der UNO verwendeten Definition sind unter einer Minderheit Personen zu verstehen, die dem Rest der Landesbevölkerung zahlenmässig unterlegen sind. Die Mitglieder entsprechender Gruppen unterscheiden sich durch ethnische, sprachliche oder religiöse Eigenheiten vom Rest der Bevölkerung. Zudem ist eine Grundvoraussetzung, dass diese Personen untereinander bezüglich der Bewahrung ihrer Kultur, Tradition, Religion oder Sprache mindestens implizit ein Gefühl der Solidarität zeigen.

Rechtsquellen

Minderheitenrechte werden sowohl von zahlreichen internationalen Menschenrechtsverträgen, als auch auf nationaler Ebene garantiert.

Pflichten des Staates

Individuen oder Gruppen sind die Rechtsträger/innen von Menschenrechten. Demgegenüber fallen den Staaten drei Pflichten zu: Die Achtungs-, Schutz- und Gewährleistungspflicht.

Achtungspflichten

Der Staat und seine Organe müssen nicht gerechtfertigte Eingriffe in die Minderheitenrechte unterlassen. Dazu zählen beispielsweise:

  • das Verfolgen einer Assimilationspolitik gegenüber sprachlichen, religiösen und kulturellen Minderheiten
  • das Verbot des Gebrauchs einer Minderheitensprache in der Öffentlichkeit

Schutzpflichten

Der Staat und seine Organe müssen Massnahmen gegen Verletzungen der Minderheitenrechte durch nicht-staatliche Dritte (Privatpersonen, Unternehmen etc.) ergreifen. Dazu gehören beispielsweise:

  • der Schutz von Minderheiten gegen physische Gewalt durch Terrorismus oder Gewaltexremismus
  • Massnahmen gegen die Intoleranz durch Private

Gewährleistungspflichten

Der Staat und seine Organe müssen institutionelle und materielle Voraussetzungen schaffen für die volle Realisierung der Minderheitenrechte, wie beispielsweise:

  • Garantien zur Ausübung von sprachlichen, religiösen und kulturellen Besonderheiten für Personen, welche sich im Freiheitsentzug befinden
  • wirksame Beschwerdemöglichkeiten gegen jede Verletzung der Minderheitenrechte

Kerngehalt

Jeder Eingriff in den Kerngehalt eines Menschenrechts ist verboten. Bei diesem Menschenrecht bildet das Verbot des Assimilationszwangs den Kerngehalt.

Legitime Einschränkungen

Minderheitenrechte dürfen nur eingeschränkt werden, wenn die allgemeinen Bedingungen für Eingriffe in Grund- und Menschenrechte erfüllt sind. Dafür muss eine gesetzliche Grundlage vorhanden und die Einschränkung notwendig und verhältnismässig sein, um die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Sittlichkeit sicherzustellen, oder die Grund- und Menschenrechte anderer zu wahren.

Beispiele für legitime Einschränkungen:

  • Verbot kultureller Praktiken wie z.B. der weiblichen Genitalverstümmelung, welche gegen Grund- und Menschenrechte verstossen
  • Erlass von Regelungen im Bereich der obligatorischen Schulpflicht, falls Anliegen von Minderheiten-Angehörigen mit allgemeinen Bildungszielen kollidieren.

Kontroverse Themen

  • Keine Anerkennung für Roma als nationale Minderheit
    Diskriminierung durch Ablehnung der Anerkennung der Roma als nationale Minderheit?
  • Kulturelle Rechte von Minderheiten
    Hat ein gläubiger Jude während dem obligatorischen Militärdienst in der Schweizer Armee einen Anspruch auf eine Diät, die seiner Auffassung der religiösen Vorschriften entspricht?
  • Wie können Fahrende ihr Recht auf Durchgangs- und Standplätze durchsetzen?

Ausgewählte Rechtsprechung und Empfehlungen

Online-Texte zur Vertiefung

Inhaltlich verwandte Menschenrechte

Quellen für diesen Artikel