19.08.2013
Im Folgenden finden sich einige Eckpunkte für das Verständnis des im internationalen Recht und der Bundesverfassung verankerten Menschenrechts der persönlichen Freiheit. Die Angaben erheben keinen Anspruch auf Genauigkeit und Vollständigkeit.
Grundgehalt
Das Recht auf persönliche Freiheit und Sicherheit schützt jeden Menschen vor unrechtmässiger oder willkürlicher Freiheitsentziehung durch den Staat oder Dritte. Dies beinhaltet insbesondere:
- Der Freiheitsentzug muss innerstaatlich gesetzlich vorgesehen sein und darf im Licht des internationalen Rechts nicht als willkürlich erscheinen
- Recht auf unverzügliche Mitteilung der Gründe für den Freiheitsentzug
- Anspruch auf unverzügliche richterliche Überprüfung der Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs
- Anspruch auf gerichtliche Beurteilung einer strafrechtlichen Anschuldigung in angemessener Frist oder Entlassung aus der Untersuchungshaft
- Anspruch auf Entschädigung bei ungerechtfertigtem Freiheitsentzug
Rechtsquellen
Pflichten des Staates
- Menschenrechte: Pflichten der Staaten
Erläuterungen zur Unterscheidung von Achtungs-, Schutz- und Gewährleistungspflichten
Achtungspflichten
Unterlassen von nicht gerechtfertigten Eingriffen in das Recht der persönlichen Freiheit durch staatliche Organe, wie zum Beispiel:
- Verhaftung ohne Haftbefehl bei bestehender gesetzlicher Regelung
- Internierung eines Straftäters ohne gesetzliche Vorgaben
- Verweigerung der Freilassung eines Gefangenen nach Ablauf der Freiheitsstrafe
- Verhaftung wegen politischer Meinungsäusserung
- Verschwindenlassen von Personen (Incommunicado Haft)
Schutzpflichten
Staatliche Massnahmen gegen Verletzungen des Rechts auf persönliche Freiheit durch nicht-staatliche Dritte (Privatpersonen, Unternehmen etc.), wie zum Beispiel:
- Gesetzliche Vorkehrungen und praktische Massnahmen gegen Freiheitsentzug durch Dritte, z.B. staatlicher Schutz vor Entführungen von besonders exponierten Personen
Gewährleistungspflichten
Institutionelle und materielle Voraussetzungen schaffen für die volle Realisierung des Rechts der persönlichen Freiheit, wie zum Beispiel:
- Institutionelle Umsetzung der elementaren Rechte im Justizverfahren
- Wirksame Beschwerdemöglichkeit gegen jede Verletzung des Rechts auf persönliche Freiheit und Sicherheit gewährleisten.
- Ausrichtung von Entschädigungen in Fällen ungerechtfertigten Freiheitsentzugs
Legitime Einschränkungen
Das Recht der persönlichen Freiheit darf nur eingeschränkt werden, wenn die allgemeinen Bedingungen für Eingriffe in Grund- und Menschenrechte erfüllt sind:
- Eingriffe in Grund- und Menschenrechte
Erläuterungen auf humanrights.ch
Beispiele für legitime Einschränkungen
- Richterliche Anordnung von Untersuchungshaft im Rahmen eines Strafverfahrens
- Verurteilung zu einer Gefängnisstrafe in einem Strafprozess
- Zwangseinweisung in eine psychiatrische Einrichtung, falls die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
Kontroverse Themen
- Unter welchen Bedingungen ist präventive Polizeihaft zulässig?
Schranken für den Einsatz präventiven Polizeigewahrsams - Ist die Einkesselung von Demonstrierenden eine unzulässige Freiheitsentziehung?
EGMR, Austin and Others v. The United Kingdom: EGMR-Urteil vom 15. März 2012
Internationale Rechtsprechung (Beispiele)
- Willkürliche Festnahme
CCPR: Communication No. 770/1997 : Gridin v. Russia 27/06/1997 - Administrativhaft während Asylverfahren
CCPR, D and E, and their two children v. Australia, Communication No. 1050/2002, 09/08/2006 - Menschenrechtsverletzende Internierung von Flüchtlingen
CCPR, Bakhtiyari gegen Australien, Communication No 1069/2002 : Australia. 06/11/2003 - Verschwindenlassen von Personen
Bousroual gegen Algerien und Boucherf gegen Algerien, Communication No. 992/2001, 24/04/2006, Communication No. 1196/2003, 27/04/2006
Online-Texte zur Vertiefung
- Umsetzung der Menschenrechte in der Schweiz. Eine Bestandesaufnahme im Bereich Freiheitsentzug, Polizei und Justiz
Grundlagenstudie des Schweiz. Kompetenzzentrums für Menschenrechte (pdf, 117 S.)