19.08.2013
Im Folgenden finden sich einige Eckpunkte für das Verständnis des im internationalen Recht verankerten Menschenrechts auf Nahrung. Die Angaben erheben keinen Anspruch auf Genauigkeit und Vollständigkeit.
Grundgehalt
Das Recht auf Nahrung anerkennt das Recht auf ausreichend qualitativ und kulturell akzeptable Nahrung und sauberes Trinkwasser, sowie insbesondere das Recht, vor Hunger und Durst geschützt zu sein.
Rechtsquellen
Pflichten des Staates
- Menschenrechte: Pflichten der Staaten
Erläuterungen zur Unterscheidung von Achtungs-, Schutz- und Gewährleistungspflichten
Achtungspflichten
Unterlassen von nicht gerechtfertigten Eingriffen in das Recht auf Nahrung durch staatliche Organe, wie zum Beispiel:
- den Zugang bestimmter Bevölkerungsgruppen zu an sich vorhandener Nahrung zu verunmöglichen (z.B. durch Legen von Landminen, Requirierung von Nahrungsmitteln, Enteignung von Agrarland, gezielte Aushungerung der Zivilbevölkerung etc.)
- gezielte Zerstörung von Nahrungsmitteln und Infrastrukturanlagen
Schutzpflichten
Staatliche Massnahmen gegen Verletzungen des Rechts auf Nahrung durch nicht-staatliche Dritte (Privatpersonen, Unternehmen etc.), wie zum Beispiel:
- Massnahmen gegen das Horten von Nahrungsmitteln in Zeiten der Knappheit
- Massnahmen gegen die Diskriminierung von Mädchen und Frauen bei der Nahrungsmittelverteilung
- Kontrolle von privaten Institutionen wie Alters- und Pflegeheime zur Sicherstellung einer ausreichenden Ernährung der Insassen
Gewährleistungspflichten
Institutionelle und materielle Voraussetzungen schaffen für die volle Realisierung des Rechts auf Nahrung, wie zum Beispiel:
- Verpflichtung zur Bekämpfung von akuter Hungersnot
- Verpflichtung zur Sicherstellung der Ernährungsbedürfnisse von Menschen, die sich im staatlichen Gewahrsam befinden
- Programmatische Verpflichtung zur Verbesserung der allgemeinen Ernährungssituation in Situationen des Nahrungsmittelmangels
Legitime Einschränkungen
Das Recht auf Nahrung darf nur eingeschränkt werden, wenn die allgemeinen Bedingungen für Eingriffe in Grund- und Menschenrechte erfüllt sind:
- Eingriffe in Grund- und Menschenrechte
Erläuterungen auf humanrights.ch
Beispiele für legitime Einschränkungen
- Rationierungsmassnahmen von Grundnahrungsmitteln zur Gewährleistung der Verteilungsgerechtigkeit in Situationen allgemeiner Lebensmittelknappheit
Kontroverse Themen
- Wirtschaftssanktionen: Wie weit dürfen Embargomassnahmen gegenüber einem Staat gehen, damit dieser seine Leistungspflichten noch erfüllen kann?
Sanktionen gegen Irak sind völkerrechtswidrig - Zugang zu sauberem Trinkwasser: Wie soll der Zugang zu sauberem Trinkwasser für alle garantiert werden? Kann diese Garantie als Menschenrecht eingeklagt werden?
Dokumentation zum Fall «Nestlé in Pakistan» - Ist ein Arzt unter Strafandrohung zur Zwangsernährung eines Häftlings im Hungerstreik verpflichtet?
Zwangsernährung: Staatliche Fürsorgepflicht gegen Selbstbestimmungsrecht
Internationale Rechtsprechung (Beispiele)
- Die Afrikanische Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker schützt implizit das Recht auf Nahrung, welches von der nigerianischen Regierung u.a. verletzt wurde
The Social and Economic Rights Action Center and the Center for Economic and Social Rights v. Nigeria: African Commission on Human and Peoples' Rights, Comm. No. 155/96 (2001)
Online-Texte zur Vertiefung
- The right to adequate food (art. 11)
General Comment Nr. 12 des UNO-Ausschusses für WSK-Rechte (englisch, französisch, pdf, 10 p.) - What is the Right to Food?
Website des ehemaligen UN-Sonderberichterstatters Jean Ziegler - Freiwillige Leitlinien für das Recht auf Nahrung
Dokumentation auf FIAN Schweiz - The right to water
General Comment Nr. 15 des UNO-Ausschusses für WSK-Rechte (englisch, pdf, 18 p.) - Das Recht auf Nahrung, Teil 1 (pdf, 32 S.)
Das Recht auf Nahrung, Teil 2 (pdf, 31 S.)
Studie von Walter Kälin und Jörg Künzli, in: Jusletter, 6. Jan. & 13. Jan. 2003