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Entwicklungszusammenarbeit und Menschenrechte - Dossier

Transnationale Verpflichtungen

18.01.2011

Staaten haben aufgrund der internationalen Menschenrechtsabkommen Verpflichtungen, welche auch in ihrem internationalen Handeln Ausdruck finden sollten. Die Entwicklungszusammenarbeit (EZA) ist eine Form dieses internationalen Handelns. Deshalb ergeben sich für Geber- und Empfängerstaaten Verpflichtungen zur Ausgestaltung der konkreten Politik, die mit Geldern der Entwicklungszusammenarbeit betrieben wird.

Die beiden UNO-Pakte (Zivilpakt Art. 2 Abs. 1 sowie Sozialpakt Art. 2 Abs. 1) verpflichten die Vertragsstaaten dazu, auch ausserhalb des eigenen Territoriums auf die Verwirklichung der Menschenrechte hinzuarbeiten. Staaten müssen die dafür zur Verfügung stehenden Ressourcen zielgerichtet einsetzen. Zu diesen Ressourcen zählen auch die Mittel aus der internationalen Zusammenarbeit. Der Rahmen für die Vereinbarungen in der Entwicklungszusammenarbeit, in dem sich Geber- und Empfängerland also bewegen, sind die internationalen Menschenrechtsabkommen. Menschenrechtlich ist Entwicklungszusammenarbeit demnach als eine Unterstützung der Empfängerstaaten bei der Umsetzung der jeweiligen Menschenrechtsverpflichtungen konzipiert.

Achtungs-, Schutz- und Gewährleistungspflicht

Die Vertragsstaaten dürfen die Menschenrechte weder innerhalb noch ausserhalb des eigenen Territoriums verletzen (Achtungspflicht). Umgesetzt auf die EZA bedeutet die Achtungspflicht zum Beispiel, dass ein Geberstaat auf keinen Fall akzeptieren darf, wenn mit seiner finanziellen oder logistischen Unterstützung Personengruppen zwangsvertrieben werden. Über diese Pflicht hinaus haben die Vertragsstaaten nach gängiger Lehre ausserdem Schutz- und Gewährleistungspflichten. Diese gelten auch ausserhalb der eigenen Grenzen, beispielsweise wenn Vertragsstaaten über die EZA in einem Drittstaat als direkte oder indirekte Akteur auftreten.

Schutzpflicht bedeutet Folgendes: Ein Geberstaat muss Massnahmen ergreifen, die Dritte daran hindern, Menschenrechte zu verletzen. Das heisst zum Beispiel, dass er je nach seinen finanziellen Möglichkeiten auch Sensibilisierungsprojekte unterstützen muss, welche Menschenrechtsverletzungen privater Akteure wie Menschenhandel oder häusliche Gewalt verhindern. Der Geberstaat hat zusätzlich eine Gewährleistungspflicht - er muss darauf hinwirken, dass der Partnerstaat Massnahmen ergreift bzw. ergreifen kann, welche die Umsetzung der Menschenrechte fördern. Der Geberstaat sollte etwa den Partnerstaat ermutigen, zum Schutz vor Menschenrechtsverletzungen die unabhängige Justiz zu stärken.

Zwar sind Schutz- und Gewährleistungspflichten, die der Geberstaat in einem Partnerstaat hat, weniger umfassend als innerhalb des eigenen Territoriums. Sie stehen jedoch im Verhältnis zu den Möglichkeiten eines Staates, im Partnerstaat Einfluss zu nehmen (etwa in finanzieller und personeller Hinsicht oder bezüglich der konkreten Machtkonstellationen vor Ort).

Quelle